Die Uni-Jobs der dritten Art

Wissenschaft und Verwaltung – und eben auch Management: An den Hochschulen sind immer mehr Berufsleute mit Management-Aufgaben betraut. Soziologin Patricia Tremel stellt fest, dass diese Professionalisierung nur langsam voranschreitet, wie sie an der Herbsttagung des Zentrums für universitäre Weiterbildung (ZUW) sagte.

Von Bettina Jakob 12. November 2012

Sie stellen Studiengänge auf die Beine, managen Nationale Forschungsschwerpunkte, überprüfen die Qualität von Lehre und Forschung, schreiben Medienmitteilungen: Die sogenannten «New Professionals» sind Uni-Angestellte, die Aufgaben übernehmen, die weder klar zur Wissenschaft noch eindeutig zur Verwaltung gehören. «Diese neuen Positionen haben an den Universitäten in den letzten Jahren Auftrieb erfahren», erklärt die Berner Soziologin Patricia Tremel, es bilde sich der sogenannte «Third Space», das Feld zwischen den Polen Wissenschaft und Verwaltung.


Hat die neuen Professionen an den Unis untersucht: Soziologin Patricia Tremel. (Bild: Alexander Egger)

«‹New Professionals› übernehmen eine Vielzahl von Aufgaben, die vorher von den Professorinnen und Wissenschaftlern oftmals nebenbei erledigt wurden.» Durch den Wandel an den Hochschulen – etwa mit der verstärkten Akquisition von Drittmitteln und den Tücken von Bologna – sei jedoch die Belastung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gestiegen. Für viele der universitären «Management»-Aufgaben werden mehr und mehr hauptberufliche «New Professionals» angestellt. Tremel stellte an der dritten Herbsttagung des Zentrums für universitäre Weiterbildung (ZUW) die Ergebnisse ihrer Studie «Neue Funktionen und Tätigkeitsbereiche an Schweizer Hochschulen» vor.

Drei Kernbereiche für «New Professionals»

Um sich ein Bild über die «neuen» Uni-Angestellten zu machen, hatte die Soziologin die Websites von sechs Deutschschweizer Universitäten nach «New Professionals» durchforstet. Die Ergebnisse der Recherche veranschaulichten, dass sich die neuen Berufsleute in drei Gruppen unterteilen lassen. Zum einen gibt es Supportfunktionen in Lehre und Forschung wie etwa die Leitung einer Graduate School. Service- und Dienstleistungen bilden einen zweiten Bereich, der unter anderem Stellen in der Hochschuldidaktik oder im Technologietransfer beinhaltet. Dem dritten Bereich werden Managementpositionen im Leitungsbereich der Hochschulen zugeteilt, so gibt es immer häufiger Departementsmanager oder Fakultätsmanagerinnen, welche die Geschäfte der Institutionen begleiten.

«Ämtli-Kultur» noch weit verbreitet

«Die erhobenen Daten zeigen, dass alle Hochschulen derlei Funktionen schaffen, wenn auch, je nach vorhandenen Ressourcen, in unterschiedlichem Ausmass», stellt Tremel fest. «Es ist ja auch offensichtlich, dass etwa an einer grossen ETH mehr Bedarf an solchen Arbeitskräften besteht als etwa an der kleineren Hochschule Luzern.» Eine erste Analyse lässt jedoch vermuten, dass immer noch viele Managementaufgaben vom wissenschaftlichen Personal übernommen werden. «Die ‹Ämtli-Kultur› im Sinne der akademischen Selbstverwaltung ist weiterhin weit verbreitet», so Tremel.

Der Wandel ist nötig

Doch für die Soziologin ist klar: Der Ausbau dieses dritten Standbeins einer Hochschule ist neben Wissenschaft – mit Forschung und Lehre – und der Verwaltung unabdingbar: «Die ‹New Professionals› sorgen dafür, dass Wissenschaftler Wissenschaft betreiben können und nicht zu reinen Managern werden.» Patricia Tremel, als Studienleiterin des CAS «Forschungsmanagements» in Bern selber eine «New Professional», stellt aber fest, «dass an den Unis immer noch viele Unsicherheiten und Skepsis gegenüber Management-Strukturen vorhanden sind».

In den zahlreichen Experteninterviews im Rahmen ihrer Studie wurde deutlich, dass viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewisse Kompetenzen gar nicht abgeben wollen. «Die Gründe hierfür sind vielfältig: Oft hat es aber mit der Sorge zu tun, dass mit einer neuen Managementstelle auch mehr Administration einherginge und damit gar keine Entlastung wäre», so die Berner Soziologin und Hochschulforscherin.

Es geht nur harzig voran

Den Weg, den die Schweizer Hochschulen einschlagen, sei richtig – «und es passiert einiges». In der Schweiz kennzeichne sich dieser Prozess der Professionalisierung an Hochschulen dadurch, dass dieser vor allem «bottom-up», also von der Basis her, vorangetrieben wird. «Letztlich bedarf es aber immer der Entscheidung von oben, wenn eine Hochschule neue Pfade einschlagen soll», so Patricia Tremel. Sie rechnet nicht damit, hierzulande schon bald vergleichbare Strukturen anzutreffen, wie sie an amerikanischen und gewissen europäischen Universitäten existieren. In Grossbritannien und den Niederlanden beispielsweise sind bereits sehr viele Managementaufgaben auf allen Stufen professionalisiert.

«In der Schweiz sind die vorhandenen Strukturen eher schwerfällig und ein Kulturwandel im Sinne einer Professionalisierung geht nur langsam voran», so Tremel. In Fragen des Hochschulmanagements sei im Vergleich auch Deutschland ein Stück weiter fortgeschritten. «Schon allein deshalb, weil erste Berufsverbände, Netzwerke und Weiterbildungsangebote für diese neuen Professionen bestehen», erklärt die Expertin. Doch auch hier würden immer mehr entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten an den Hochschulen angeboten. An der Uni Bern sind zum Beispiel die Zertifkatsstudiengänge  «Forschungsmanagement» oder «Strategie- und Curriculumsentwicklung in der Lehre» gemäss Tremel erste Schritte hin zu professionellen Strukturen an Schweizer Hochschulen.

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