Ein Management-Forscher mit Charme
Beinahe 21 Jahre lehrte und forschte Norbert Thom an der Uni Bern. Der Professor für Betriebswirtschaftslehre beriet auch Unternehmen und schlug damit eine Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Mit seiner Emeritierung verliert die Uni Bern einen prominenten und allseits beliebten Management-Experten.
«Das Management ist die schöpferischste aller Künste. Es ist die Kunst, Talente richtig einzusetzen.» Norbert Thom zitierte in seiner Abschiedsvorlesung den US-amerikanischen Geschäftsmann Robert McNamara (1916-2009) – doch die Worte könnten geradezu von ihm selbst stammen. Der emeritierte Professor für Betriebswirtschaftslehre hat die Managementforschung am Institut für Organisation und Personal (IOP) der Uni Bern massgeblich geprägt – und deren Umsetzung in die Praxis vorangetrieben: Das repräsentierte das zahlreich erschienene Publikum aus Wissenschaft und Wirtschaft. Festredner Bruno Staffelbach, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Uni Zürich, brachte die Kunst Thoms wie folgt auf den Punkt: Die Arbeit von Norbert Thom sei «theoretisch klar und praktisch relevant». Er habe die Betriebswirtschaftslehre «angewandt wie Medizin».
Schlug die Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis: der emeritierte Betriebwirtschafts-Professor Norbert Thom. (Bilder: zvg)
Der Weg der Forschung in die Praxis
Nur logisch, dass dem engagierten Management-Forscher die Innovation «besonders am Herzen lag», wie er in seinem Referat sagte. Er untersuchte etwa das Innovationsmanagement in Berner KMUs und im öffentlichen Sektor und leitete daraus Empfehlungen für eine erfolgreiche Praxis ab: Nur wer klare Ziele steckt, kann marktreife Produkte entwickeln, neue Märkte erschliessen sowie in neue Technologiefelder einsteigen. Interdisziplinäre Teams und optimale Marktkenntnisse erlauben eine bessere strategische Planung.
Klare Aufforderungen, die nachvollziehbar für Unternehmungen sind; aber auch ein Kanton kann sich davon eine Scheibe abschneiden, «was der Kanton Bern in seiner Strategie 2025 erfreulicherweise auch tut», so Norbert Thom. Die Regierung wolle offenbar die kantonale Branchenstruktur in Bezug auf Wertschöpfung gewichten. Sie bilde dazu etwa Cluster in der Medizinaltechnik und Telekommunikation. Thom freut sich ebenfalls über den Willen, für eine «schnelle, bessere Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis» zu sorgen» – so ein Zitat aus der Strategie.
Talente suchen ist anspruchsvoll
Nachwuchstalente: Sie waren ein weiteres wichtiges Augenmerk von Thoms Bestreben in seinen beinahe 21 Jahren professoraler Tätigkeit in Bern. Er garantierte seiner Zuhörerschaft, dass «das Talentmanagement eine riesige Bedeutung hat, welche in Zukunft noch grösser wird». Unternehmen würden bislang Talente noch nicht optimal erkennen und einsetzen, wie der emeritierte Management-Forscher aus einer grossangelegten Studie mit 5’500 Unternehmungen schliesst. Als Schwachstelle in der Talentsuche wurde dabei vor allem die zeitliche Überlastung des direkten Vorgesetzten entlarvt. Der zeitliche Einsatz des Chefs habe «einen enormen Einfluss», wie ein Unternehmen qualifizierten Nachwuchs findet und formt.
Doch der Vorgesetzte alleine kann es nicht richten: «Das Talentmanagement ist ein übergreifender Kernprozess des Personalmanagements», stellte Norbert Thom klar. Das heisst: Traineeprogramme als berufsvorbereitende Massnahmen müssten eine klarstrukturierte Einarbeitung und Integration der jungen Leute beinhalten. Die Programme selber müssten wiederum systematisch in das Management der Unternehmen eingebaut werden.
Humorvoll und charmant: Norbert Thom war allseits sehr beliebt.
Ein Dozent mit Passion
Norbert Thom war aber weit mehr als « Brückenbauer zwischen Uni und Praxis», wie Festredner Jobst Wagner, Verwaltungsratspräsident der REHAU-Gruppe, sagte. Er hob «den humanistischen Geist» Thoms hervor, der mit Rhetorik und einem humorvollen Charme glänzte, «welchem man sich nicht entziehen kann», so Wagner. Das zeigen gemäss Harley Krohmer, Dekan der Wirtschafts-und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, auch die Rückmeldungen der Studierenden, die Thoms Vorlesungen stets Bestnoten gaben.
Norbert Thom war Top-Forscher mit 1’300 Publikationen auf 20’000 Seiten in 22 Sprachen, Dienstleister für Management und Verwaltung, Ehrendoktorwürden-Träger dreier Universitäten, ehemaliger Vizerektor der Uni Bern – und er war auch «passionierter Hochschullehrer», so Krohmer. Eine Leidenschaft, die der Emeritus mit abschliessendem Zitat von Wilhelm von Humboldt erklärte: «Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.»