Oslo, Berlin, Wien oder doch Helsinki?
Das Erasmus-Programm macht die europäischen Studentinnen und Studenten mobil. Das Austauschangebot der EU feiert sein 25-jähriges Jubiläum. Eine Erfolgsgeschichte – auch in Bern, wie das Internationale Büro bestätigt.
Ein Jahr lang Neuropsychologie an der Universitat de València? Oder ab für zwei Semester Französisch an die Université Paris-Sorbonne? Kein Problem: Seit 25 Jahren können Studierende mit dem Erasmus-Austauschprogramm der Europäischen Union bis zu einem Jahr ihr Fach im europäischen Ausland vertiefen. Das Vorzeigeprojekt der EU zur Förderung der Mobilität feiert dieses Jahr seine Erfolgsgeschichte. Erasmus-Fördergelder ermöglichten bisher insgesamt beinahe drei Millionen Studierenden einen Austausch in einem europäischen Gastland.
Die Universität Bern startete ihre Erasmus-Hochschulkooperationen im Jahr 1992. Heute bietet sie ihren Studentinnen und Studenten Plätze an 250 Partneruniversitäten an – gleichzeitig verbringen junge Menschen aus etwa Deutschland, Frankreich, Finnland, Spanien und anderen Ländern ein Semester an der Uni in der Schweizer Hauptstadt.
Beim traditionellen Welcome-Apero an der Uni Bern werden erste Kontakte mit anderen Austauschstudierenden geknüpft. (Bild: Sylvia Forrer)
Zwei gehen raus, einer kommt rein
Das Erasmus-Programm – benannt nach dem Philosophen und Theologen Erasmus von Rotterdam und die Kurzform für «EuRopean Action Scheme for the Mobility of University Students» – sei in Bern wie auch anderswo beliebt, sagt Ellen Krause, Leiterin des Internationalen Büros: Während in den ersten Jahren rund 60 Studentinnen und Studenten aus Bern mit Erasmus ins Ausland reisten, sind es heute jährlich rund 220. «Die Zahl hat sich auf diesem Niveau eingependelt», so Krause. Auch die sogenannten Incoming-Studierenden sind mehr geworden und im letzten Jahr kamen rund 120 Studierende aus dem europäischen Raum für ein Jahr nach Bern. «Erasmus ist eine einmalige Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln, die das ganze Leben begleiten, und für die Universität ist die Zirkulation von Personen und Ideen sehr befruchtend», betont Bruno Moretti, Vizerektor Lehre der Uni Bern.
Ellen Krause ist die Leiterin des Internationalen Büros an der Universität Bern. (Bild:zvg)
Eiffelturm und Spree
Die beliebteste Destination bei den Bernerinnen und Bernern ist Frankreich, «wohl weil Französisch hierzulande die Zweitsprache ist und so die sprachliche Hürde etwas tiefer liegt», vermutet Ellen Krause. Gefolgt werden Paris und Toulouse von Deutschland, Spanien, Schweden und Finnland. Die Finnen ihrerseits mögen die Uni Bern ebenfalls, bei den Erasmus-Gaststudierenden liegen sie auf Platz zwei nach den Deutschen. Wer am meisten reist, sei dies nun nach Bern oder aus der Aarestadt hinaus, sind die künftigen Volks- und Betriebswirtschaftler und die angehenden Juristinnen, gefolgt von Politologen und Germanistinnen.
Ein Jahr lang Berner Luft geschnuppert hat Elena Primushko, die in Russland aufgewachsen ist, an der Finanzakademie in Moskau ein Diplomstudium abgeschlossen hat und nun ein Masterstudium an der Universität zu Köln macht. Sie ist von der Alma mater bernensis begeistert: «Mich hat das schöne Universitätsgebäude und der Blick auf die Berge fasziniert. Und auch die Berner Mentalität habe ich sehr gerne», sagte sie gegenüber dem Internationalen Büro der Uni Bern. Elena Primushko war auch mit der Betreuung für Austauschstudierende an der Uni Bern zufrieden. Martina Thürig, die für die «Incomings» verantwortlich ist, begrüsst die Austauschstudierenden am Welcome-Apéro und stellt jeweils auch eine «Introduction Week» zusammen, die den Studierenden aus dem Ausland den Einstieg ins Berner Studienleben erleichtern soll. Sie sorgt dafür, dass die Studierenden frühzeitig mit den Fachberatern in Kontakt kommen und realistische Studienpläne erstellen. Vor der Heimreise ist die Erasmus-Koordinatorin der Universität Bern wieder gefragt, damit alle Papiere unterschrieben sind.
Die «Incomings» freuen sich auf ein Herbstsemester an der Uni Bern. (Bild: Sylvia Forrer)
Nach dem Papierkram das Erlebnis
Für Bernerinnen und Berner, die einen Abstecher an eine andere Universität in Europa machen wollen, ist Erika Peter die Bezugsperson: Sie ist seit dem Start der Erasmus-Programme mit dabei und hilft den Interessierten bei der Anmeldung, sie sorgt für die Auszahlung der Stipendien und hilft bei der Bewältigung der doch «zunehmenden Bürokratie», wie sie bemerkt. Aber Erasmus sei im Grossen und Ganzen immer noch das Programm, welches am einfachsten zu organisieren sei. Auch wenn sich der hochschulpolitische Rahmen mit der Zeit gewandelt hat: Die Schweiz ist erst seit 2011 Vollmitglied des Erasmus-Programms, und seither läuft die Administration über die ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit. Vorher beteiligte sich die Schweiz auf eigene Rechnung in sogenannter stiller Partnerschaft am Mobilitätsangebot.
Für den einzelnen Studierenden, der ein Auslandjahr absolvieren will, bleibt unter dem Strich aber alles gleich: Sie oder er muss sich durch einige Papiere und Bescheinigungen kämpfen, kann aber an der Heimatuniversität immatrikuliert bleiben und bekommt ein kleines Stipendium, das einem monatlichen Zustupf von rund 200 bis 230 Euro entspricht. Und schon ist der Weg frei nach Europa.
Martina Thürig vom Internationalen Büro gratuliert dem 1500. Incoming-Student an der Uni Bern, Eduard Constantin Paduraru. (Bild: Sylvia Forrer)