Rennen gegen den Regen

Es ist wie immer: Ein Platzregen im Sommer und kein Schirm dabei. Was ist nun am besten zu tun? «uniaktuell» beantwortet in seiner Sommerserie wichtige Fragen zur warmen Jahreszeit.

Von Nathalie Matter 16. Juli 2012

«uniaktuell»: Wie wird man im sommerlichen Platzregen weniger nass: Wenn man geht – und somit hauptsächlich Kopf und Schultern nass werden – oder wenn man rennt und mit vorwärtsgeneigtem Körper dem Regen zwar eine grössere Angriffsfläche bietet, ihm dafür aber weniger lang ausgesetzt ist?
Rolf Weingartner:
Es ist ein altes Rätsel, das vor allem unter Joggerinnen, Rad- und Motorradfahrern immer wieder diskutiert wird: Wie kriegt man mehr Regentropfen ab – wenn man sich langsam oder schnell bewegt? Motorradfahrerinnen und -fahrer behaupten etwa, dass es für jede Regenstärke eine Grenzgeschwindigkeit gibt, bei der sich die «Neuanfeuchtungsrate» und die Verdunstung durch Fahrtwind genau kompensieren. Das heisst: Je stärker der Regen, desto schneller die Fahrt, um die Nässe wieder «loszuwerden». Nicht gerade das, was die Polizei empfehlen würde.


Ein Platzregen macht einen innert kurzer Zeit pudelnass. (Bild: istock)

Und wenn man zu Fuss unterwegs ist und von einem Wolkenbruch überrascht wird? Diverse Praxistests kamen dabei zu unterschiedlichen Resultaten – je nachdem, wie lange die «Rennstrecke» war und der Regen echt oder «fabriziert». Das wohl seriöseste Experiment, das auch Wind berücksichtigte, wurde 1995 von zwei amerikanischen Klimatologen durchgeführt, die mit Messungen über eine Strecke von 100 Metern bei natürlichem Regen belegten, dass der Sprintende rund 40 Prozent weniger Wasser abkriegt als der Gehende.


Spitzenläufer wie Usain Bolt werden nur halb so nass wie Normalbürger. Szenario errechnet mit dem Online-Regenrechner (siehe Link). (Grafik:zvg).

Bodenspritzer auch berücksichtigen

Da natürlicher Regen wegen des Windes meist schräg fällt und nicht senkrecht von oben, bietet ihm unser Körper eine grosse Angriffsfläche, egal ob wir stehen, gehen oder rennen. Unsere Alltagserfahrung bestätigt sich also: Wenn’s kübelt, besser rennen! Auch unseren Schuhen zuliebe: Da die Niederschlagsmenge in Bodennähe durch die vom Boden zurückgeworfenen Spritzer sogar noch erhöht wird, ist das vielfach lederne, oftmals teure und meist wasserundichte Schuhwerk besonders exponiert.


Wieviel Regen fällt vom Himmel? Für die genauen Messungen muss Hydrologe Rolf Weingartner einige Dinge berücksichtigen. (Bild: zvg)

In diesem Zusammenhang stellt sich in der Hydrologie auch immer wieder die Frage, in welcher Höhe über Grund ein Niederschlagsmessgerät aufgestellt werden sollte, um möglichst den wahren Niederschlag zu messen. Erfahrungen mit Auffangflächen direkt an der Bodenoberfläche zeigen, dass hier wegen der Spritzer signifikant mehr Niederschlag aufgefangen wird als bei einem Gerät, dessen Auffangfläche beispielsweise einen Meter über dem Boden steht. Und wer selber mal ein paar Szenarien durchspielen will, wie man bei Regengüssen am trockensten bleibt, kann dies mit einem speziell dafür angefertigten Online-Regenrechner tun.

Zur Person

Prof. Rolf Weingartner ist Direktor des Geographischen Instituts und Leiter der Gruppe für Hydrologie der Universität Bern.

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