Der Pneu, der sich selber aufpumpt

Kein Ärger mehr über platte Velopneus: Ein selbstaufblasbarer Schlauch könnte den Fahrradmarkt aufmischen. Zu den Erfindern gehört ein Biomechaniker vom «Insitute for Surgical Technology & Biomechanics» (ISTB) der Uni Bern.

Von Bettina Jakob 23. Mai 2012

Er tüftelt an Hightech-Platten herum, die bei Knochenbrüchen eingesetzt werden, optimiert die Funktion von künstlichen Gefässverbindungen für die Humanmedizin. Und – er hat die praktischste Velo-Pumpe der Welt mitentworfen: der Biomechaniker Philippe Büchler, der normalerweise am «Insitute for Surgical Technology & Biomechanics» (ISTB) der Universität Bern am Computer Implantate für die Chirurgie modelliert. Nun haben er und das internationale Team um Benjamin Krempel, ein US-Amerikaner aus Kalifornien, einen Zustupf von «venture kick» – eine Initiative privater Geldgeber, die als Fonds der «Fondation des Fondateurs» organisiert ist – für den Startup «Pump Tire» erhalten: Die Ingenieure wollen einen selbstaufpumpbaren Veloreifen auf den Markt bringen.

 Nie mehr platte Pneus: Das versprechen die Erfinder des «Pump Tire». (Bild:zvg)

Die Handpumpe wird Geschichte

Das Pedalen ist plötzlich anstrengend, das Vorwärtskommen harzt, der Blick nach unten bestätigt den Verdacht: Der Veloreifen ist fast platt. «Ein Veloreifen verliert ständig etwas Luft. Mit den allzu gut bekannten, mühsamen Folgen: Das Rollen wird langsamer, das Treten braucht mehr Kraft und die Stabilität in den Kurven nimmt ab», so Philippe Büchler. Dieses Problem soll sein selbstaufpumpbarer Veloschlauch beim täglichen Radeln lösen: «Wir haben einen Pneu mit einem zusätzlichen kleinen Hohlraum über die ganze Reifenoberfläche entwickelt, der Luft aus der Atmosphäre aufnimmt. Über den Druck, der beim Velofahren auf den Hohlraum entsteht, wird die Luft in das Innere des Pneus gepresst», erklärt Büchler das ausgeklügelte System.

Verfeinerung des Designs ist im Gang

«Der Prototyp funktioniert», freut sich Büchler – doch das Team ist bereits mit der Optimierung des Designs beschäftigt. Es will den zusätzlichen Hohlraum nicht im Pneu, sondern im Schlauch einbauen. Die Luft soll über ein Einwegventil von aussen in den Zusatz-Hohlraum des Schlauchs gelangen – und von dort schliesslich bei Bedarf in den Schlauch selbst. Das stellt die Erfinder noch vor Herausforderungen, denn die grosse Frage ist: Wie bekommt man genügend Druck hin, dass der Schlauch tatsächlich stets schön prall gepumpt wird?

«Pump Tire» darf nicht zu viel kosten

«Wir sind mitten in der Modellierung», sagt Philippe Büchler, aber man wolle die Variante «Schlauch» unbedingt weiterverfolgen: Erstens sei der Fahrkomfort besser, denn der Aussenpneu bleibe dadurch wie gewohnt flach und zweitens sei der Kauf eines Schlauches günstiger als der eines Reifens. «Um unser Produkt auch erfolgreich zu vertreiben, muss man sich auf einem grossen Markt behaupten», so der Ingenieur, jährlich werden weltweit rund 900 Millionen Veloschläuche verkauft. Der Preis für den «Pump Tire» wird im Laden gemäss Büchler zwischen 20 bis 30 Schweizer Franken kosten.

Philippe Büchler schätzt, dass der «Pump Tire» im nächsten Jahr auf den Markt kommt. Er ist sicher: «Er wird die Radlerinnen und Radler begeistern.» Doch ein Problem wird auch er nicht lösen können: das der spitzen Scherben und rostigen Nägel.

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