Fragerunde mit dem Dalai Lama
Eine besondere Gelegenheit für 500 Berner Studierende: Sie waren live am Vortrag des Dalai Lama im vonRoll-Hörsaal an der Uni Bern über Nachhaltigkeit dabei – und sie durften dem geistigen Oberhaupt Tibets Fragen stellen. Etwa zu Fleischkonsum, Tierversuchen, Religion und nachhaltigem Handeln.
Eine vieldiskutierte Frage mitten aus dem Uni-Alltag bewegte auch den 14. Dalai Lama bei seinem Besuch an der Universität Bern. Die Frage nämlich, ob es in der Uni-Mensa kein Fleisch mehr geben soll. «Es ist ja bekannt, dass die Produktion von Fleisch nicht ökologisch ist» so ein Student, «würden Sie ein Fleischverbot an der Universität Bern befürworten?» Der Dalai Lama, interessiert und lauschend im Sessel im vonRoll-Hörsaal sitzend, überlegte nicht lange, hatte er doch selber in den 1960er Jahren versucht auf eine vegetarische Ernährung umzustellen. Erst eine Gelbsucht – «ich wurde gelb wie ein lebender Buddha, was aber kein spirituelles Erlebnis war», wie er lachend einschob, – brachte ihn von diesem Vorhaben wieder ab.
Vor vollen Rängen ging der 14. Dalai Lama auf die Fragen der Berner Studierenden ein. (Bilder: Manu Friederich)
Der Dalai Lama begrüsst das Vorantreiben des Vegetarismus grundsätzlich, «denn es ist sehr wichtig, Leben zu respektieren». Als Junge habe er oft Fangen gespielt mit Fischen und dabei gemerkt, «dass auch sie Schmerz empfinden». Er empfiehlt Fleischessen mit Mass: «Zweimal die Woche ist okay, aber nicht jeden Tag.»
Ein herzliches Willkommen in Bern
Der 14. Dalai Lama hat im Rahmen seines Schweiz-Besuchs an der Uni Bern über Nachhaltigkeit gesprochen und Fragen von Studierenden beantwortet. Uni-Rektor Martin Täuber – kurzerhand vom Dalai Lama auf dem Stuhl neben sich platziert – hatte im Beisein von Bernhard Pulver, politischer Schirmherr der Universität Bern, und drei Ehrensenatoren den Dalai Lama begrüsst: «Wir heissen Sie als anerkannten Leader und für Ihre friedfertige Führung, Ihre Weisheit und spirituelle Autorität willkommen.» Täuber betonte, wie wichtig Wissenschaft und die Anleitung zu verantwortungsvollem Leadership für die Zukunft unseres Planeten sei. «Ihre Heiligkeit, Sie sind dafür ein herausragendes Vorbild.»
Fleischkonsum, Tierversuche, Religion: Zu vielen Themen war die Meinung des buddhistischen Oberhaupts gefragt.
Sind Tierversuche vertretbar?
Die Botschaft des Dalai Lama, das Leben in allen seinen Erscheinungen zu respektieren, liess gleich die nächste Frage aus dem Hörsaal folgen: Nämlich was er denn, selber an der Wissenschaft interessiert, von Tierversuchen in der Medizin halte. Das Wichtigste sei es, Tiere nicht wie «Gemüse zu behandeln, sondern mit Liebe, Respekt und Sorgfalt», betonte der Dalai Lama. Mit der Absicht, Nutzen für das menschliche Leben zu schaffen, seien Tierversuche jedoch vertretbar.
Realistisch und ganzheitlich zur Lösung
Auch zum heutigen Lebenstil war die Meinung des 14. Dalai Lama gefragt. Etwa wie man angesichts des heutigen Systems nicht die Motivation verliere, sich für die Nachhaltigkeit einzusetzen. Und welche Rolle die Religion für eine «nachhaltige Zukunft» spiele. Als Schlüsselfaktor für das «Denken auf globaler Ebene» erachtet der Dalai Lama die Bildung, «welche schon in jungen Jahren einsetzen sollte». In seinem Vortrag betonte er, dass ein realistischer ebenso wie ein ganzheitlicher Ansatz nötig seien, um die Herausforderungen auf diesem Planeten anzugehen: «Die Dinge sind miteinander verbunden – wenn wir ein Problem lösen wollen, müssen wir stets das ganze System im Auge behalten.» Er appellierte an das globale Verantwortungsbewusstsein – es gehe um 7 Milliarden Menschen, die mental, physisch und emotional gleich seien und alle das Recht hätten, ein glückliches Leben zu führen.
Religionen seien hilfreich, aber für die Lösung der Probleme schätze er eine «säkulare Ethik» mit den Eckpfeilern Respekt, Mitgefühl und Liebe. Es gehe darum, allen gegenüber Respekt zu haben – sowohl Gläubigen und Nicht-Gläubigen aller Religionen.
Rund 500 Studierende waren ausgelost, dem Vortrag des Dala Lama live beizuwohnen.
Ein Jahrhundert des Friedens und des Dialogs
Sehr glücklich sei er, zur jüngeren Generation zu sprechen! Der Dalai Lama richtete das Wort direkt an die Berner Studierenden und stellte klar, dass sie die Verantwortung für die Zukunft tragen. Dafür, ob sie aus dieser Welt eine glückliche oder unglücklich machen. «Das 21. Jahrhundert soll das des Friedens und des Dialogs werden!», hoffe er nach dem 20. Jahrhundert mit viel Krieg und vielen Opfern. Statt Geld in Waffen zu investieren, mahnte er, nun die Erforschung nachhaltiger Technologien zu unterstützen – etwa die Solarenergie weiter zu entwickeln und die Trinkwasseraufbereitung aus Meerwasser voranzutreiben. Das sei konstruktiv angesichts der globalen Klimaerwärmung und der wachsenden Erdbevölkerung.
Um Nachhaltigkeit bemüht sich auch die Universität Bern. Etwa am Oeschger Zentrum für Klimaforschung und am Center für Development und Environment, wie Rektor Martin Täuber dem Dalai Lama erläuterte. Aber auch innerhalb der Institution fördert sie einen respektvollen Umgang mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Ressourcen.
Nach eineinhalb Stunden verabschiedet sich der Dala Lama von Bern.
Schokolade für den Dalai Lama
Eineinhalb Stunden volle Aufmerksamkeit im grössten Hörsaal der Uni Bern, über 4000 Zugriffe auf den Live-Stream und volle Ränge bei der Übertragung des Events in die Aula und das Audimax – das Interesse am Besuch des Dalai Lama war gross. Ebenfalls der Applaus, als das geistige Oberhaupt Tibets mit einer riesigen Toblerone als Geschenk das von Roll-Areal verliess. «Ich habe den Arzt kürzlich gefragt», meinte der Dalai Lama lachend, dieser habe das «Okay» gegeben, dass er Schokolade esse.