Gemeinsam für das Recht auf Nahrung
Das Recht auf Nahrung gilt für alle Menschen. Der zuständige UNO-Sonderbeauftragte Olivier de Schutter diskutierte kürzlich mit Forschenden des World Trade Institute und des Centre for Development and Environment der Uni Bern über Ansätze.
Berner Forschende treffen den UNO-Sonderbeauftragten für das Recht auf Nahrung («Right to Food»): Anlässlich eines halbtägigen Stakeholder-Workshops diskutierte Olivier de Schutter mit Wissenschafterinnen und Wissenschaftern des World Trade Institute (WTI) und des Centre for Development and Environment (CDE) der Universität Bern. «Ein grosses Kaleidoskop an Bildern» entstand gemäss CDE-Direktor Peter Messerli in den Diskussionen um die vorgetragenen Thesen, wie das Recht auf Nahrung umgesetzt werden soll.
Frauen miteinbeziehen
Wie bäuerliche Kleinbetriebe mithelfen können, die Weltbevölkerung angemessen zu ernähren, beschäftigt die Berner Forschenden Christian Häberli (WTI), Sabin Bieri (CDE) und Thomas Kohler (CDE). Während Häberli eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit von Kleinbauern in den Entwicklungsländern beklagt, welche durch falsche Politiken und Anreize verursacht werde, beurteilt Bieri die zunehmende Marktorientierung der landwirtschaftlichen Produktion als zweischneidig, da dadurch der Raum für die Eigenbewirtschaftung langsam schwindet. Frauen mehr einzubinden – wie es auch von Sonderbeauftragter de Schutter gefordert wird –, findet Bieri richtig. Allerdings nicht ohne ebenfalls die Männer angemessen in die Lösungsstrategien einzubeziehen.
Technologien müssen bekannt werden
Wie die meisten Vortragenden bekräftigte Thomas Kohler, dass sowohl Gross- wie auch Kleinbetriebe in der Landwirtschaft nötig sind, um angemessene Grundlagen zu schaffen. «Doch ich sehe noch grosses Potential beim Wissenstransfer von Technologien und Innovationen unter den Kleinbauern», so der Berner Forscher. In diesem Bereich brauche es zwingend bessere Datenbanken, die spezifische Praktiken dokumentierten und auch bekannt machten.
Vorsicht bei Landerwerben
Er habe beobachtet, dass vor allem grosse Landerwerbe die wichtige Ko-Existenz von Klein- und Grossbetrieben beeinträchtigten, sagte der Uno-Sonderbeauftragte. «Selbst eine sehr strikte Regulierung von grossflächigen Landerwerben würde der Marginalisierung der Kleinbauern wenig entgegen setzen.» De Schutter plädierte daher für eine bessere Marktintegration der Kleinbauern. Dies setze aber dezentrale Märkte voraus, die auf die kleinbäuerliche Produktion zugeschnitten seien.
Die Rolle der Politik
De Schutter erachtet die Politik als notwendig, um das Recht auf Nahrung durchzusetzen. Und während WTI-Forscher Baris Karapinar den Abbau von «zu hohen Handelsschranken im Landwirtschaftswesen für zwingend» ansieht, um nicht zuletzt durch den Klimawandel bedingte Ernteausfälle auszugleichen, bleibt de Schutter dieser Massnahme gegenüber skeptisch: Denn Gewinne aus Marktöffnungen würden sich ungleichmässig verteilen.
Um gute Lösungen zu finden, sollten lokale bis nationale Politikplattformen unterstützt werden, auf denen sich beteiligte Produzierende, Handelspartner und Konsumierende austauschen können, um eine für alle Gruppen zufriedenstellende und nachhaltige Nutzung der Ressourcen zu erreichen. Der UNO-Sonderberichterstatter fand diese Idee gut und nahm damit einen Input von Stephan Rist (CDE) auf. «Macht und Demokratisierung von Prozessen wird im Zusammenhang der Nahrungsmittelproduktion und -verteilung unterschätzt», so de Schutter.
Schweiz noch im Rückstand
Doch, so stellte de Schutter klar, eine Politik zur Förderung des Rechts auf Nahrung werde, wenn sie institutionalisiert wird, auf andere Politikziele prallen. Alle diese Ziele so gut wie möglich zu berücksichtigen, sei eine sehr schwierige Aufgabe. «Konkret sollten Freihandelsverträge vorgängig einer Menschenrechts-Verträglichkeitsprüfung unterzogen werden», schlug WTI- und CDE-Forscherin Elisabeth Bürgi Bonanomi vor. Obwohl dies in der EU bereits in Ansätzen geschehe, lehne gerade die Schweiz solche Prüfungen nach wie vor ab. Die Schweiz sei erst in den Anfängen, wenn es um die Abstimmung von Politikzielen gehe – das meinten auch weitere Fachleute im Publikum.