Hautnah am Start
Gezerrte Muskeln und überdehnte Bänder lassen die Läuferinnen und Marathon-Männer oft leiden. Oftmals ist es aber die Haut, die quält. Dermatologe Patrick Oberholzer erläutert die Hau(p)t-Probleme von Ausdauersportlern – von Blasen über Nagelpilz bis hin zum Melanom.
Wenn ab dem 17. Kilometer der «Wolf» mitläuft, landet so manch ein Marathonläufer im Sanitätszelt: Der Wundlauf schmerzt gehörig und gehört bei Ausdauersportlern beinahe zur Tagesordnung. «Rund ein Fünftel der medizinischen Zwischenfälle an einem Langstrecken-Rennen betreffen die Haut», führt Patrick Oberholzer von der Universitätsklinik für Dermatologie des Inselspitals Bern aus. Der Dermatologe erläuterte an einer Informationsveranstaltung anlässlich des Grand Prix Bern die Vielzahl von Hautproblemen, mit denen Sportlerinnen und Läufer kämpfen. «Doch Läuferinnen und Läufer leben häufig lieber mit ihren Hautproblemen, als dass sie ihr Training aufgeben», so Oberholzer. Und wenige sind dies nicht: In den USA joggen mehr als 30 Millionen Menschen regelmässig.
Blasen, verkrümmte Zehennägel …
Akut treten bei einem Rennen oder im Training Hautprobleme mit mechanischer Ursache auf: Neben Wundlauf entstehen Blasen, bestehende Hühneraugen oder Warzen drücken. «Weiche synthetische und schnell trocknende Wäsche verhindert den gefürchteten Wolf und dünne Pflaster an den neuralgischen Stellen am Fuss beugen Blasen vor», rät Oberholzer. Ausgiebiges Training wirkt sich über längere Zeit auch auf die Hornhautbildung an Fersen und auf die Zehennägel aus: Durch Druckstellen kann sich besonders der Nagel des grossen Zehens verdicken, und eine solche Deformation begünstigt die Entstehung von Nagelpilz. Wichtig ist es daher, die Fussnägel richtig zu pflegen und zu schneiden – «eher rechteckig, damit sie auch nicht einwachsen», so Patrick Oberholzer. «Ausserdem ist es ratsam, nur Turnschuhe mit breiterem Vorfussbereich zu tragen und diese nach maximal 800 Kilometern zu ersetzen.»
… und Pilzbefall
Wer läuft, hat häufig heiss und schwitzt – es herrscht ein tropisch-feuchtes Körperklima, das Pilzen gefällt. «Neben Fusspilz siedelt sich gerne der Hefepilz Pityrosporum ovale am menschlichen Körper an», erklärt der Experte. Die dadurch hervorgerufene Erkrankung Tinea versicolor macht sich durch weisse Flecken der Haut bemerkbar. Grundsätzlich sind Pilze aber gemäss Oberholzer durch Antimykotika relativ einfach, wenn auch oft langwierig, zu behandeln.
Risiko Hautkrebs
Die grösste Herausforderung für die Haut der Läuferin ist aber weder das Drücken des Schuhs, die Reibung des T-Shirts, noch das Schwitzen am ganzen Körper – es ist die Sonne. «Ausdauersportler haben mehr Risikofaktoren für Hautkrebs, wie in Studien nachgewiesen wurde», stellt Dermatologe Oberholzer klar, «ganz einfach durch die stärkere Aussetzung an UVA- und UVB-Strahlen.»
Die Wellen im ultravioletten Bereich der elektromagnetischen Strahlung dringen in die Haut ein und können in den Zellen die DNA so verändern, dass gewisse Zellen ihre normale Funktion verlieren und sich unkontrolliert vermehren – es entstehen Hauttumore und Melanome. Allerdings bildet sich Hautkrebs nicht von heute auf morgen: Weisser Hautkrebs ist als Krebsvorstufe meistens sogar schon über Jahre hinweg vorhanden.
Eigene Haut gut beobachten
Beim aggressiven, schwarzen Hautkrebs sieht dies anders aus: Bereits kleine, das heisst wenig tief eindringende Melanome können nämlich Metastasen bilden und innere Organe befallen. Durch wieviel Sonneneinstrahlung schliesslich ein Melanom entsteht, kann Oberholzer nicht sagen. «Wenn ein Melanom früh entdeckt wird und nicht mehr als einen Millimeter in die Haut eingedrungen ist, stehen die Chancen auf Heilung für die Betroffenen sehr gut.» Wichtig ist es, die eigene Haut gut zu beobachten – und bei Veränderungen einen Arzt aufzusuchen.
Häufig Hautkrebs bei Schweizern
Für die Haut sei bei Ausdauersportlerinnen die hohe Belastung durch Ultraviolett-Strahlen gefährlich. Schutz bietet eine kombinierte UVA- und UVB-Sonnencreme mit einem hohen Schutzfaktor (SPF 50+). «Ein Ratschlag, den sich alle zu Herzen nehmen sollten», sagt Patrick Oberholzer nachdrücklich: Die Schweizer erkranken gemäss Bundesamt für Statistik hinter Australien und Neuseeland weltweit am häufigsten an Melanomen – und die Anzahl der Fälle steigt jährlich an. Zurückzuführen sei diese bedenkliche Entwicklung «unter anderem wohl auf das sich hartnäckig haltende Schönheitsideal des gebräunten Teints», so der Berner Dermatologe. «Betroffen von Melanomen sind bereits auch junge Personen.»
Tipps zum Schutz
Die Empfehlungen des Experten sind klipp und klar: nicht «sünnelen», Mittagssonne wegen des direkten Einfalls von UVA- und UVB-Wellen meiden, immer Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor auftragen und Sonnenbrille sowie Kopfbedeckung tragen. «Das senkt nicht nur das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken, drastisch, sondern hält auch jung», so Oberholzer: Denn UV-Strahlen lassen die Haut altern. Und wer will schon alt aussehen – sei es auf der Party oder am Marathon.