Der Schuh drückt beim lieben Geld
Wie wird die Uni Bern mit den vielfältigen Herausforderungen fertig, welche Gesellschaft, Politik und Wirtschaft an sie stellen? Mit dieser Frage wurde die diesjährige Vorlesungsreihe des Collegium generale und der SUB eingeläutet.
Auf den ersten Blick ist alles in bester Ordnung: Die Uni Bern wird immer attraktiver. Während andere Hochschulen Studierende verlieren, hat sie innert eines Jahres 1000 neue dazugewonnen. Dennoch scheint der Schuh zu drücken, wie an einer Podiumsdiskussion zur Vorlesungsreihe des Collegium generale «Die Hochschule zwischen Politik und Gesellschaft» deutlich wurde.
Von den vier Gästen der Diskussionsrunde – alle stammen aus den Reihen der Universität – wollte Moderator Marc Bühlmann vom Institut für Politikwissenschaft die Probleme in der Berner Hochschulpolitik erfahren. Es herrschte weitgehende Einigkeit: Der Schuh drückt beim lieben Geld. Die Ausgaben der Universität haben in den letzten Jahren parallel zu den Studierendenzahlen stark zugenommen; die Beiträge der öffentlichen Hand hingegen nur wenig. Da der Kanton Bern sparen muss, dürfte sich dies vorderhand kaum ändern.
SUB: Nein zu höheren Gebühren
Bei der Frage, wie die Universität mit diesem Geldproblem umgehen sollte, gingen die Meinungen der Anwesenden indes auseinander. Gegen Bühlmanns Vorschlag, eine weitere Erhöhung der Studiengebühren ins Auge zu fassen – die letzte fand 2011 statt –, wehrte sich insbesondere Fabiane Reber vom Vorstand der StudentInnenschaft SUB. «Bildung ist ein öffentliches Gut», sagte sie. Je höher die Gebühren, desto mehr werde die Universität zu einem Ort der Privilegierten. Walter Perrig, Vizerektor Entwicklung, mochte dem nur teilweise zustimmen: «Ich bin nicht grundsätzlich gegen dosierte Erhöhungen.» Die Zunahme der Studierendenzahlen zeige, dass die Universität trotzdem attraktiv bleibe. Von «exorbitanten» Gebühren wie in den USA halte er indes nichts. Der Zugang zum Studium müsse möglichst für alle offen bleiben.
«Für eigene Projekte bleibt immer weniger Zeit»
In den letzten Jahren hat das Einwerben von Drittmitteln auch an der Uni Bern an Bedeutung gewonnen. Ob man sich nicht um noch mehr Einnahmen bemühen müsse, fragte Moderator Bühlmann. Der Einspruch kam vonseiten der Professorenschaft: Kleinere Institute stiessen bei der Akquisition und Verwendung von Drittmitteln schon jetzt an ihre Grenzen, sagte Karénina Kollmar-Paulenz, Professorin für Religionswissenschaft. Sie monierte, dass Professoren und Postdocs immer mehr Drittmittel-Projekte betreuen müssten. «Für eigene Projekte, die sich weniger gut verkaufen lassen, bleibt kaum noch Zeit.»
Welchen Sinn macht die Uni?
Ob die Universität statt zu wachsen nicht eher sparen und Zulassungsbeschränkungen einführen sollte? Diesem Vorschlag des Moderators erteilten alle vier Podiumsteilnehmer eine Abfuhr. Man brauche möglichst viele Studierendende, um aus deren Mitte den akademischen Nachwuchs zu rekrutieren, so der Tenor. Schon heute sei eine Karriere an der Universität für Master-Absolventinnen und -Absolventen zu wenig attraktiv.
Physiker Davide Bleiner, Vorstandsmitglied der Mittelbauvereinigung MVUB, führte aus: «Vor allem Postdocs fragen sich, ob sie an der Universität nicht ausgepresst werden und nicht besser gleich in die Privatwirtschaft gehen sollen.» Er kritisierte die Tendenzen zur Ökonomisierung an den Universitäten: Aufgrund des Druckes würden immer schneller und günstiger Fachkräfte für den Arbeitsmarkt herangezogen: «Die Rolle der Universitäten als Ort des Denkens geht so verloren.»
Marc Bühlmann nahm diese Kritik in seinem Schlusswort auf und legte gleichsam den Grundstein für weitere Diskussionen im Rahmen der aktuellen Vorlesungsreihe des Collegium generale und der SUB: «Möglicherweise drückt der Schuh im Grunde ja weniger bei der Finanzierung. Vielleicht ist es viel mehr an der Zeit, sich zu fragen, was eigentlich der gesellschaftliche Sinn und Zweck einer Universität ist.»