Der Forschung auf den Zahn gefühlt

So bunt kann Karies sein: Foto-Aufnahmen zeigen ungewöhnliche Bilder von versteckten Löchern und eingelagerten Mineralien im Zahnschmelz. Der neue Jahres-Kalender der Zahnmedizinischen Kliniken (ZMK) der Uni Bern kann bestellt werden.

Von Bettina Jakob 09. Juli 2013

Ausgetrocknete Flussbetten im Regenbogen-Land? Was aussieht wie ein Bild aus einem Märchenbuch, ist ein Nebenprodukt intensiver Forschung: «Die schwarzen Wellen sind organische Rückstände im Zahnschmelz», erklärt Adrian Lussi, Direktor der Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin und Geschäftsführender Direktor der Zahnmedizinischen Kliniken (ZMK) der Universität Bern. Als gelbe Zöttelchen ist das Zahnbein, also das Dentin, zu sehen.


Schwarz erscheinen organische Rückstände im Zahnschmelz. (Bilder: ZMK)

Die schwarzen, sogenannten Schmelzbüschel sind Überreste aus der Zahnproduktion im menschlichen Körper: «Bei seiner Entstehung ist der Zahn eine weiche, teigige Masse aus Proteinen, erst allmählich wird er hart und besteht schliesslich fast nur noch aus anorganischen Mineralien», so Lussi.

Das Bild stammt aus seinem Labor, in welchem er und sein Team neue diagnostische Methoden für Karies erforschen. Die Bilder sind gefärbte Schnitte durch Zähne, welche den Forschenden die Strukturen kontrastreich anzeigen. Und die Bilder sind nun auch Kalenderblätter, die Praxen und Wohnzimmer schmücken: Der neue Zahnkalender 2014 der ZMK ist da.


Hübsch versteckt präsentiert sich die Karies – hier orange gefärbt – im Zahnbein.

Ein buntes Loch im Zahn

Die orange Knospe in der Mitte des Zahns ist Karies. «Von aussen kaum zu sehen, im Längsschnitt eines gefärbten Dünnschnitts schliesslich eindeutig», erklärt Lussi das Bild des Monats Januar im Kalender (Bild oben). Um solch versteckte Löcher zu finden, haben die Zahnforschenden ein Gerät entwickelt, das über eine Stimulation des Zahns mit Licht die Karies zum Fluoreszieren bringt: «Das Gerät kann diese Strahlung dann messen.» Mit dieser Methode kann der Zahnarzt das Loch im Zahn finden – ohne dass der Patient Röntgenstrahlen ausgesetzt wird.

Der aussergwöhnliche Erfinder

Besonders sind nicht nur die Bilder aus dem Labor Lussi – sondern auch der Mann, der hinter den meisten steckt. Hermann Stich, der die Zähne für Forschungszwecke schneidet, die hauchdünnen Präparate mit rotem Fuchsin färbt, Lichtgrün – eine Gegenfärbelösung – appliziert und die Schnitte schleift, ist bald 90 Jahre alt. Er ist der Erfinder dieser Färbemethoden und geht noch immer regelmässig in die Zahnmedizinischen Kliniken, um Adrian Lussi und seinem Team die Präparate bereit zu stellen.

Interessenshalber entsteht im Labor auch schon mal ein Schnitt durch Katzenzähne, der Erstaunliches zeigt: Die ockerfarbene Schicht über dem grün gefärbten Zahnbein ist der Zahnschmelz. «Beim Menschen ist der Anteil an Zahnschmelz um ein Vielfaches höher», sagt Zahnexperte Lussi. Warum die Katze kaum Schmelz auf den Zähnen hat, weiss er nicht – faszinierend ist das Bild auf jeden Fall.


Katzenzähne enthalten im Gegensatz zu den menschlichen nur wenig Zahnschmelz.

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