Landung auf dem Kometen geglückt

Die Spannung an der Universität Bern war gross, die Erleichterung ebenso. Nach über zehn Jahren und 6,4 Milliarden Kilometern Reise gelang am Mittwoch, 12. November, die erste Landung eines menschengemachten Objekts auf einem Kometen.

Von Christoph Leuenberger 12. November 2014

«Dies ist ein einzigartiges Ereignis in der Geschichte der Weltraumfahrt», betonte ein zunächst noch sichtlich angespannter Willy Benz. «Die Landung von Philae ist einer der Höhepunkte der Rosetta-Mission,» meinte der Professor am Center for Space and Habitability der Universität Bern vor vollen Rängen.

Die Universität Bern hatte gemeinsam mit dem Swiss Space Office des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation sowie dem Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique CSEM eingeladen, die Landung live mitzuverfolgen. Um 17.03 Uhr war es soweit: Die Europäische Weltraumorganisation ESA empfing das erste Signal des Landemoduls Philae. Das Modul war auf dem Kometen Chury gelandet.


Annette Jäckel und Willy Benz vom Center for Space and Habitability der Universität Bern freuen sich über die geglückte Landung (Fotos: Manu Friederich).

Volles Haus beim Public Viewing

Über 550 Personen folgten der Einladung an die Universität Bern. Aufgrund des grossen Besucherandrangs wurden die Livebilder der ESA in drei Hörsäle und das Foyer des Gebäudes der exakten Wissenschaften übertragen. Die Stimmung war durchaus mit einem Public Viewing an einer Fussball-WM vergleichbar. So ging ein Raunen durch die Ränge, als die Technik für einen Augenblick streikte. Das Publikum wollte indessen keine Tore sehen, sondern einen Touchdown. Und es wurde nicht enttäuscht. Als um 17.03 Uhr das Signal eintraf, brach Jubel aus. «Ich freue mich sehr und bin stolz auf die grossartige technologische Leistung», meinte Rektor Martin Täuber. «Ich gratuliere allen beteiligten Forscherinnen und Forschern, insbesondere natürlich jenen der Universität Bern.»

Mehr als 550 Personen wollten die Landung live miterleben.

Schweizer Technik auch auf dem Landemodul Philae

Experten der Universität Bern kommentierten die Livebilder aus dem Kontrollzentrum der ESA. Zudem erklärten Fachleute den Schweizer Beitrag an der Raumsonde Rosetta sowie dem Landemodul Philae. So ist Philae mit Minikameras des CSEM und einem Messgerät ausgerüstet, an dem die Universität Bern beteiligt ist. Dieses misst die Festigkeit und die Temperatur des Bodens. Das ROSINA-Instrument der Universität Bern befindet sich auf der Raumsonde Rosetta. Es besteht aus zwei Massenspektrometern, womit Moleküle und Atome gemessen werden, sowie einem Drucksensor. ROSINA hat unter anderem dazu beigetragen, den Landeplatz von Philae zu bestimmen.

Landung mit Hindernissen

Dass die Landung gelingen würde, war nicht sicher. Kathrin Altwegg, ROSINA-Projektleiterin des Center for Space and Habitability der Universität Bern, schätzte die Chance auf eine erfolgreiche Landung auf 50:50 ein: «Die Landung ist ein schwieriger Vorgang. Auf der Oberfläche des Kometen befinden sich Spalten, Abhänge sowie Eis- und Gesteinsbrocken.» Zudem wusste man nicht, wie weich oder hart die Oberfläche ist. Im schlimmsten Fall hätte Philae einsinken und von Staub zugedeckt werden können. Da das Landemodul sehr klein ist, hat es nur eine geringe Anziehungskraft.


Rosetta machte dieses Foto von Philae kurz nachdem das Landemodul die Sonde verliess (Foto: ESA).

Ohne Gegenmassnahmen würde es deshalb vom Kometen abprallen und zurück ins All geschleudert. Eine Düse, Harpunen und Schrauben sollten dies verhindern und Philae auf dem Kometen festhalten. In der Nacht auf Mittwoch stellte sich heraus, dass die Düse nicht funktioniert. Die ESA entschied sich, die Landung trotzdem durchzuführen. «Die erfolgreiche Landung ist für mich das Tüpfelchen auf dem i der bisher sehr erfolgreichen Mission,» sagte Kathrin Altwegg, die aus der ESA-Zentrale zugeschaltet wurde.

Kometen als Boten der Vergangenheit

Kometen sind zirka 4,6 Milliarden Jahre alt. Sie stammen aus der Zeit, als unser Sonnensystem entstand. Mit der Erforschung von Kometen geht man den Ursprüngen der Planeten und des Lebens nach. Kometen sind meist einige Kilometer gross. Sie bestehen aus Eis, Staub und Gestein. Der Schweif von Kometen entsteht, indem diese durch die Sonne erwärmt werden und dadurch Gase und Feinstaub freisetzen.

Rosetta und Philae: wichtige Bausteine zur Entzifferung der Hieroglyphen

Der Name für die Sonde Rosetta wurde in Anspielung auf den Stein von Rosetta gewählt. Dank seiner Inschriften konnten die ägyptischen Hieroglyphen entziffert werden. Der Name für das Landemodul Philae geht auf eine Insel im Nil zurück. Auf dieser Insel wurde ein Obelisk gefunden. Darauf standen die Namen von Kleopatra und Ptolemäus sowohl in griechischer Schrift als auch in Hieroglyphen. Dies half bei der Entzifferung der Hieroglyphen. Die Sonde und das Landemodul sollen nun ebenfalls dazu beitragen, Licht auf bisher Unbekanntes zu werfen.


Drei Kilometer vom Kometen Chury entfernt, machte Philae dieses Foto (Foto: ESA).

Zu den wichtigsten Erkenntnissen der Rosetta-Mission gehört die Antwort auf die Frage, woher das Wasser auf der Erde stammt. Im Dezember sollen die entsprechenden Erkenntnisse im Wissenschaftsmagazin «Science» publiziert werden.

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