Ausserirdischer Namensvetter

Ein Asteroid wurde nach dem Berner Astrophysiker Martin Jutzi benannt. Gefährlich für die Erde ist der rund fünf Kilometer grosse Brocken nicht: Er zieht seine Bahnen jenseits des Mars.

Von Martin Zimmermann 17. November 2014

Es gibt nicht viele Menschen, die behaupten können, einen Namensvetter aus dem All zu haben. Martin Jutzi ist seit neuestem einer von ihnen: Die Internationale Astronomische Union (IAU), der weltweite Verband der Astronomen, hat einen Asteroiden nach dem Astrophysiker vom Berner Center for Space and Habitability (CSH) benannt.

Erfreut und ein wenig überrascht sei er schon gewesen, sagt der Weltraumforscher. Die IAU habe ihren Entscheid nicht weiter begründet. «Es gibt allerdings nicht all zu viele Forschende auf meinem Gebiet», so Jutzi. «Wenn man lange genug dabei ist, steigt also die Chance, dass man irgendwann von einem Kollegen ‹nominiert› wird.» Der Namens-Vorschlag werde dann von einem Komitee der IAU geprüft und – bestenfalls – akzeptiert.


Astrophysiker Martin Jutzi freut sich über seinen ausserirdischen Namensvetter. (Foto: zvg)

Nur eine Handvoll «Schweizer» Himmelskörper

Martin Jutzi gehört nun zu der Handvoll Schweizer Forschender, nach denen ein Himmelskörper benannt wurde. Internationale Bekanntheit erlangte insbesondere der Komet 81P/Wild 2, der den Namen des kürzlich verstorbenen Berner Astronomen Paul Wild trägt. Wild 2 wurde 2004 von der Raumsonde Stardust untersucht. Sie sammelte Partikelproben aus der Koma, der Kometen-«Atmosphäre», und brachte diese zur Untersuchung auf die Erde zurück.

Über den ausserirdischen Namensvetter Jutzis ist weit weniger bekannt: 25084 Jutzi, wie der Asteroid mit vollem Namen heisst, ist rund fünf Kilometer gross und zieht seine Bahnen in dem Gebiet unseres Sonnensystems, das als Asteroidengürtel bezeichnet wird. Astronomen haben bislang über 600'000 Objekte in diesem Gürtel zwischen Mars und Jupiter entdeckt. Rund 100'000 davon haben eine ähnliche Grösse wie Asteroid Jutzi; 10'000 sind bereits benannt – nach Städten, historischen Figuren oder eben Forschenden.

Erforschung unwahrscheinlich

«Wir wissen nicht, zu welchem Typ Asteroid Jutzi gehört, also etwa aus welchen Materialien er besteht», sagt der Weltraumforscher. Bislang weise nichts darauf hin, dass sich der Gesteinsbrocken von der Masse an anderen Asteroiden im Gürtel abhebe. Martin Jutzi rechnet daher nicht damit, dass der Asteroid bald in den Fokus der Forschung rücken wird.

Weitaus grösser ist das Interesse derzeit an Vesta, einer kosmischen Nachbarin Jutzis. Der über 500 Kilometer grosse Himmelskörper ist der einzige bekannte Asteroid, der eine erdähnliche Struktur aufweist – mit einem Kern, einem Mantel und einer Kruste. Martin Jutzi konnte dank Computersimulationen aufzeigen, wie Vesta durch den Zusammenprall mit zwei Meteoriten seine elliptische Form erhielt.


Simulation der Kollision Vestas mit einem kleineren Asteroiden. (Computerbild: Martin Jutzi, Uni Bern; Pascal Coderay, EPFL)

Wird Jutzi die Menschheit überleben?

Die Resultate der Simulation, die auf den Daten der Sonde «Dawn» beruhen, liefern wertvolle Hinweise über die Entstehung der Planeten in unserem Sonnensystem. Vermutet wird, dass «langsame» Zusammenstösse grosser Asteroiden Klumpen, sogenannte Planetesimale, formten, aus welchen sich schliesslich Planeten entwickelten. «Dieser Mechanismus funktioniert aber nicht mehr», erläutert Martin Jutzi. «Heutige Asteroiden bewegen sich zu schnell. Wenn sie zusammenstossen, entstehen lediglich Krater oder sie werden zerstört.»

Auch Asteroid Jutzi wird dieses Schicksal dereinst ereilen. Dennoch dürfte er seinen irdischen Namensvetter überleben, ja vermutlich sogar dessen ganze Spezies. Laut Martin Jutzi haben Asteroiden mit einer Grösse von ein paar Kilometern eine Lebensdauer von mehreren Hundert Millionen Jahren. Gefahr von Jutzi droht unserem Planeten übrigens keine: «Seine Umlaufbahn um die Sonne ist stabil. Er wird die Erde kaum treffen.»

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