Die Uni zu Besuch in Alterszentren

Die Senioren-Universität Bern überträgt seit 2013 Vorlesungen in Alterszentren. Damit macht sie ihr Angebot auch Personen zugänglich, die zwar noch geistig rüstig sind aber nicht mehr so mobil.

Von Christoph Leuenberger 25. November 2014

«Solange ich noch etwas verstehe, komme ich», sagt ein Bewohner der Senevita Wangenmatt. «Man kann immer etwas lernen.» Diesen Nachmittag besucht er eine Vorlesung der Seniorenuni zum Klimawandel im Alpenraum. Da er aber nicht mehr so mobil ist, geht nicht er an die Seniorenuni, sondern die Seniorenuni kommt zu ihm – zumindest als Podcast.

So funktioniert das System: Ausgewählte Vorlesungen der Senioren-Universität Bern werden im Hörsaal mit Bild und Ton aufgezeichnet und später in Alterszentren in der Region Bern gezeigt. Die Technik ist simpel: Ein Klick auf den Link des Podcasts genügt und dank Beamer und Lautsprecher kann die Vorlesung beginnen. Die Seniorinnen und Senioren sehen sowohl den Referenten als auch die Folienpräsentation.


Für ihn ist klar: Man kann immer etwas lernen. (Bilder: Christoph Leuenberger)

«Unsere Senioren-Universität ist offen für alle», betont Ruth Meyer Schweizer, Stiftungsratspräsidentin der Seniorenuni. «Indem wir Vorlesungen in Alterszentren übertragen, erreichen wir auch Menschen, die interessiert und geistig rüstig sind, aber eingeschränkt in ihrer Mobilität.»

Technik mit «Kinderkrankheiten»

«Ruth Meyer Schweizer und ich hatten die Idee, die Seniorenuni für einen weiteren Teilnehmerkreis zu öffnen und die neuen Medien einzubeziehen», sagt Arthur Mohr, Berater bei der Freiwilligenorganisation Innovage. Eine konkrete Umsetzung dieser Idee sei es, die Vorlesungen in Alterszentren zu übertragen. Innovage unterstützt die Senioren-Universität bei dieser Arbeit.


Die Seniorinnen und Senioren sehen sowohl den Referenten als auch die Folienpräsentation.

Der Geschäftsführer der Senevita Wangenmatt, Alfred Binggeli, steht hinter dem Projekt: «Ich finde das Angebot der Seniorenuni sehr gut. Man kann sowohl dem Referenten als auch der Präsentation folgen». Es gäbe allerdings noch ein paar technische Kinderkrankheiten auszumerzen. Zeige beispielsweise der Referent im Hörsaal auf einen bestimmten Ort auf der Folie, sei dies in der Übertragung nicht sichtbar.

Zeit für Fragen sowie Kaffee und Kuchen

2013 startete das Projekt in zwei Alterszentren der Region Bern. Aufgrund der positiven Erfahrungen sind es inzwischen sechs Heime, die mitmachen. Weitere sollen dazu kommen. «Die Anlässe in den Alterszentren sind auch soziale Events», so Mohr. Er habe es schon erlebt, dass sich die Bewohner extra dafür herausgeputzt hätten. Zudem gebe es nach den Vorlesungen jeweils auch Zeit für Fragen sowie Kaffee und Kuchen. Die Teilnehmerzahl schwanke zwischen drei und sechzig Personen.


Die Seniorenuni Bern überträgt Vorlesungen in Altersheime. Dadurch können auch Menschen teilnehmen, die nicht mehr so mobil sind.

Zurück zum Bewohner der Senevita Wangenmatt: Er ist von der Vorlesung zum Klimawandel beeindruckt, auch wenn der Inhalt für ihn nicht immer einfach verständlich gewesen sei. Den Klimawandel könne er aber selber gut nachvollziehen: «Wenn ich früher mit dem Töff am Rhonegletscher vorbei fuhr, konnte ich seine Folgen mit meinen eigenen Augen sehen.» Der Gletscher habe sich von Jahr zu Jahr immer mehr zurückgezogen.

Seniorenunis sind ein wichtiger Teil der Bildungslandschaft

Die Senioren-Universitäten sind ein wichtiger, in der breiten Öffentlichkeit indes noch vielfach unbekannter Teil der schweizerischen Bildungslandschaft. Sie ermöglichen zahlreichen Seniorinnen und Senioren lebenslanges Lernen und damit auch eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Die Senioren-Universität Bern steht allen Personen offen, die das 60. Altersjahr erreicht haben oder bereits früher pensioniert wurden. Auch die Partnerin oder der Partner sind willkommen. Der jährliche Mitgliederbeitrag beträgt 80 Franken. Für einen Fünfliber pro Veranstaltung können auch Nicht-Mitglieder die Seniorenuni besuchen. Die Veranstaltungen decken ein breites Spektrum ab. Sie finden jeweils während des Semesters statt (September bis Dezember und Februar bis Mai).

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