Was haben Unis mit nachhaltiger Entwicklung zu tun?
Vorträge über Klimarisiken, Workshops zu Nachhaltigkeitskonzepten und eine Podiumsdiskussion über Herausforderungen für die Universitäten im Bereich nachhaltige Entwicklung: An der Universität Bern hat der erste Sustainable University Day stattgefunden. Der gut besuchte Anlass bot ein breit gefächertes Programm und viel Gelegenheit zur Diskussion.
Nachhaltige Entwicklung ist in Anbetracht der globalen Ressourcenausbeutung und sozialer Ungerechtigkeiten heute eine grössere Herausforderung denn je. Was aber versteht man genau darunter? Als weit verbreitet und akzeptiert in Politik und Wissenschaft gilt die Brundtland-Definition, die auch dem Sustainable University Day (siehe Kasten) zugrunde liegt: «Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.» Oder wie es die Berner Professorin Olivia Romppainen-Martius an ihrem Vortrag über den Klimawandel formulierte: «Zukünftige Generationen sollen die gleichen Freiheiten haben wie wir.»
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«Je spezifischer, desto eher Nobelpreis»
Die Frage, wie Universitäten zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen können, stand insbesondere bei der Podiumsdiskussion im Zentrum. «Es ist wichtig zu klären, was nachhaltige Entwicklung eigentlich heisst», sagte Regierungsrat Bernhard Pulver. Nachhaltigkeit bedeute nicht nur einen ökologischen Fussabdruck. «Nachhaltige Entwicklung betrifft jedes Wissenschaftsgebiet. Um sie zu fördern, muss die eigene Forschung in Verbindung zur ganzen Gesellschaft gebracht werden.»
Aus wissenschaftlicher Sicht – da waren sich alle einig – besteht die grösste Herausforderung darin, die Professorenschaft ins Boot zu holen. «Nachhaltige Entwicklung verlangt Interdisziplinarität, die in der Wissenschaft typischerweise nicht belohnt wird», erklärte Thomas Dyllick, Professor für Nachhaltigkeitsmanagement an der Universität St. Gallen. «Jeder will in seinem Fach kompetent sein», ergänzte Hans Hurni, Professor für Geographie und nachhaltige Entwicklung an der Uni Bern. «Je mehr man sich spezialisiert, desto eher erhält man den Nobelpreis.»
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Von Kirchen bis zu Webapplikationen
Dass sich an der Universität Bern alle Fachrichtungen mit Nachhaltigkeit befassen, zeigte der Forschungsmarkt, an dem ein «Blumenstrauss» von Projekten – wie Rektor Martin Täuber es formulierte – präsentiert wurde. Das Spektrum reichte von historischer Naturkatastrophenforschung als Grundlage nachhaltiger Siedlungs- und Kulturlandentwicklung über die Rolle der christlichen Kirchen in der nachhaltigen Entwicklung bis zur Frage, ob Ökonomie und Nachhaltigkeit ein Widerspruch seien.
Das Institut für Medizinische Lehre (IML) zeigte anschaulich, wie Studierende durch die Webapplikation «studmed.unibe.ch» seit 14 Jahren sämtliche Inhalte wie Stundenpläne und Vorlesungsfolien auf Tablets, Smartphones oder Computer erhalten. Dadurch werden pro Jahr potentiell 1,8 Millionen A4-Seiten Papier pro Jahr gespart. Ein Projekt des Centre for Development and Environment (CDE) versucht, Konflikte zwischen Menschen und Elefanten friedlich zu lösen, indem ein Frühwarnsystem entwickelt wurde. Damit ist bei Herdenbewegungen eine rechtzeitige Warnung der Bevölkerung möglich, was zu deren Existenzsicherheit sowie auch zum Tierschutz beiträgt.
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Wasserverbrauch an der Uni Bern halbiert
Nachhaltige Entwicklung ist an der Universität Bern aber nicht nur in der Forschung verankert, wie Rektor Täuber in seiner Begrüssung zum Sustainable University Day betonte. Einen «wichtigen Stellenwert» nehme sie auch in der neuen Strategie sowie in der Lehre und im Betrieb ein. So biete etwa das CDE einen Bachelorstudiengang und einen Zertifikatskurs in nachhaltiger Entwicklung an.
Auf betrieblicher Ebene konnte der Wasserverbrauch trotz stetigem Wachstum und einer steigenden Studierendenzahl zwischen 1995 und 2012 um über 50 Prozent reduziert werden. Die Universität Bern beteiligt sich ausserdem an der internationalen Initiative «Blue Community», die sich für Wasser als Menschenrecht und als öffentliches Gut einsetzt.
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Damit ist die Uni auf gutem Weg, wie dem Referat von Stephen Sterling, Professor für Sustainability Education an der Plymouth University, zu entnehmen war. In Plymouth wurde die nachhaltige Entwicklung ebenfalls in der Strategie verankert, umgesetzt wird sie in Lehre, Betrieb und Forschung. Dies seien wichtige Schritte, so Sterling, dennoch seien keine Sprünge möglich. «Wir wissen ja, dass sich Universitäten eher langsam verändern», sagte er mit einem Augenzwinkern. Dennoch hoffe er, «that one day every day will be a Sustainable University Day».