Meteoriten lassen niemanden kalt
Der Traum, Wissenschaftler zu werden, begleitet Thomas Smith seit seiner Kindheit. Heute lebt er ihn: An der Uni Bern erforscht der Geochemiker Meteoriten und die geheimnisvolle kosmische Strahlung. «uniaktuell» stellt wöchentlich junge Forschende der Uni Bern vor – bis zur «Nacht der Forschung» am 6. September.
Wie lange reiste ein Meteorit durchs All, bevor er auf die Erde traf? Diese Frage versucht der Berner Geochemiker Thomas Smith (29) zu beantworten. Dazu untersucht er seit 2012 an der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie der Uni Bern, wie sich die kosmische Strahlung auf die Geschosse aus dem All auswirkt. Der Ursprung dieser für Raumfahrer und elektrische Systeme gefährlichen, hochenergetischen Strahlung liegt teilweise im Dunkeln. Doch was hat sie mit dem Alter der Meteoriten zu tun? Smith erklärt den Mechanismus: Wenn die Strahlen auf einen Meteoriten treffen, erhöhen sie die Konzentration der darin enthaltenen Isotopen (Atome mit veränderten Eigenschaften). «Die Faustregel lautet: Je höher die Isotopen-Konzentration im Gestein, desto länger war der Meteorit im All unterwegs – und desto älter ist er.» Smith hofft dank seiner Forschung nicht nur das Alter der Gesteinsbrocken bestimmen zu können, sondern auch, ob und wie sich die Intensität der kosmischen Strahlung im Verlaufe der Jahrmilliarden verändert hat.
«uniaktuell»: In der Forschung steckt viel Herzblut und Leidenschaft. Was ist Ihre Leidenschaft?
Thomas Smith: Der Weltraum fasziniert mich schon seit meiner Kindheit. Es ist für mich eine grosse Herausforderung, mehr über die Frühphase des Universums zu erfahren. Ich will wissen, wie es in der Vergangenheit funktionierte, wie es das heute tut und wie es in Zukunft noch funktionieren wird. Es ist ein grosses Mysterium, das gelüftet werden will.
Wann kommt der nächste «Killer-Asteroid»? – Thomas Smiths Forschungsgebiet lässt niemanden kalt. (Bilder: Adrian Moser)
Wieso ist Ihre Forschung für die Gesellschaft relevant?
Direkt hat meine Forschung ja keine Auswirkungen auf die Gesellschaft. Aber ich merke immer wieder, wie sehr sich die Menschen für Weltraum-Themen interessieren, speziell für Meteoriten. Wenn ich ihnen zum Beispiel im Zug über meine Arbeit erzähle, dann fragen mich die Leute immer nach dem Asteroiden, der einst die Dinosaurier auslöschte, und ob sich so ein Ereignis wiederholen könnte. Ich habe jedenfalls noch niemanden getroffen, den das Thema Meteoriten kalt lässt. (lacht)
Was wollen Sie persönlich mit Ihrer Forschung erreichen?
In der Forschung wird derzeit kontrovers diskutiert über Schwankungen in der Frühphase der kosmischen Strahlung vor Milliarden Jahren. Mein Ziel ist es, mit meiner Arbeit über die Strahlungsspuren in den Meteoriten zur Klärung dieser Diskussion beitragen zu können. Bislang waren die Daten aus dieser frühen Periode nämlich relativ schlecht. Inzwischen haben wir mehr und bessere Meteoriten-Samples, welche wir studieren können. In Bern fokussiere ich auf eine bestimmte Meteoriten-Art. Ich hoffe aber, längerfristig auch andere Arten untersuchen zu dürfen, damit meine Ergebnisse robuster werden.
Warum haben Sie sich für Ihr Forschungsgebiet entschieden? Gab es Schlüsselerlebnisse?
Ich wollte von klein auf Wissenschaftler werden. Ich war schon immer fasziniert von Gesteinen, von der Tektonik der Kontinentalplatten – kurz: davon, wie Planeten «leben». In Bordeaux studierte ich deshalb Geologie. Mit der Weltraumforschung habe ich mich anfänglich noch nicht befasst. Während meines Post-Doktorats am Commissariat à l’énergie atomique (CEA) bei Paris spezialisierte ich mich in Geochemie. Ich erfuhr von einer Studie, bei der kleine Samples von Kometen-Partikeln untersucht werden sollten. Die Partikel waren von der Sonde Stardust auf die Erde zurückgebracht worden. Mich reizte die Herausforderung enorm, mit derart kleinen Mengen Material zu hantieren. Um daraus gute Daten zu gewinnen, muss man mit äusserster Präzision vorgehen. Also habe ich mich angemeldet und mich in diesem Mix aus Weltraumforschung und Geochemie – ich nenne ihn «Kosmochemie» – vertieft.
Sie haben eine lange Karriere vor sich – welches sind Ihre nächsten Schritte?
Mein Ziel ist es, meine Passion für die Kosmochemie mit anderen zu teilen. Dazu strebe ich eine Forschungs-Position an einer französischen Universität an. Fürs erste bleibe ich aber an der Uni Bern. Mein Forschungsvertrag hätte ursprünglich bis im August 2014 laufen sollen, doch nun wurde er bis März 2015 verlängert. Falls die finanziellen Mittel vorhanden sind, wird er eventuell weiter verlängert. Es wäre jedenfalls schade, wenn ich Bern verlassen müsste, ohne vorher meine Arbeit hier abgeschlossen zu haben.
Welches ist Ihr Vorbild?
Mein PhD-Berater in Bordeaux. Wegen ihm begann ich mich überhaupt erst für das Thema zu interessieren. Wie ich ist er eigentlich kein Weltraumforscher sondern Geochemiker, der ebenfalls zufällig in der Meteoriten-Forschung landete. Inzwischen musste er sein Projekt in diesem Bereich leider aufgeben, weil die französische Regierung dafür kein Geld mehr sprechen wollte. Trotzdem: Er gab mir viel von seiner Leidenschaft weiter und freut sich sehr über meine Position an der Uni Bern. Wir sind bis heute in Kontakt geblieben.