Ist eine gerechte Welt in Sichtweite?
Vertreterinnen und Vertreter des Bundes, der Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und der Privatwirtschaft diskutierten am 9. September an einem Podium der Uni Bern und des Schweizer Hilfswerks Helvetas über die zukünftigen Herausforderungen der neuen UNO-Ziele für nachhaltige Entwicklung, die Ende September an der UNO-Vollversammlung in Newe York verabschiedet werden.
Gesundheit und Bildung für alle, Gleichberechtigung der Frauen, Schutz der Weltmeere, Stopp der Umweltzerstörung und eine Welt ohne Armut: Diese und weitere 11 Ziele werden Ende September 2015 an der UNO-Vollversammlung in New York verabschiedet. Es sind die «Sustainable Development Goals», die 17 Ziele für eine globale, nachhaltige Entwicklung. Die Ziele rücken Wachstum und Ressourcenverbrauch ins Zentrum und nehmen auch die Industriestaaten in die Pflicht. Sie sollen die Millenniumsziele aus dem Jahr 2000 ablösen.
An der Podiumsdiskussion, die aus Anlass des 60-jährigen Bestehens der Schweizer Entwicklungsorganisation Helvetas in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Entwicklung und Umwelt (Centre for Development and Environment CDE) der Universität Bern organisiert worden war, wurde über das bisher Erreichte und über zukünftige Herausforderungen einer gerechten und ökologisch verträglichen Entwicklung diskutiert. Erörtert wurden die Bedeutung und Chancen der neuen UNO-Ziele, die Rollen und Aufgaben der verschiedenen Akteure sowie die Verantwortung der Schweiz.
Erreichte Milleniumsziele und eine Vielzahl von Herausforderungen
«Die Halbierung der extremen Armut und des Hungers sowie der Zugang zu sauberem Wasser sind Milleniumsziele, die mehrheitlich erreicht wurden. Heute leben etwa 700 Millionen Menschen weniger in extremer Armut als 1990», erklärte Melchior Lengsfeld, Geschäftsleiter von Helvetas Swiss Intercooperation. Vor allem im südlichen Afrika sei die Lage jedoch weiter dramatisch. Manuel Sager, Direktor der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA ergänzte: «Die regionalen Ungleichheiten haben sich verschärft und führen zu mehr Instabilität und Konflikten.»
Trotz substantiellen Fortschritten dank den Millenniumsentwicklungszielen sieht sich die Welt nach wie vor mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert. In einer globalisierten Welt kann kein Staat alleine Lösungen erarbeiten, um diese grenzüberschreitenden Herausforderungen anzugehen. Für die Zeit nach 2015 soll eine neue Nachhaltigkeitsagenda die Richtung vorgeben. Wie die 17 Nachhaltigkeitsziele finanziert werden und welche Länder dabei in die Pflicht genommen werden, wird gegenwärtig heftig debattiert.
Man ist sich einig, dass der Privatwirtschaft diesbezüglich eine bedeutende Rolle zukommt. Urs Leimbacher, Chef von Branding und Public Affairs bei Swiss Re, sieht die neuen Ziele als grosse Chance: «Ich gebe zu, wir wollen damit Geld verdienen! Es braucht schliesslich Unternehmen, die Gewinne erzielen, um auf der Welt neue Arbeitsplätze zu schaffen. Nachhaltiges Wachstum und faire Arbeit für alle ist eines der 17 Ziele, die bis 2030 erreicht werden müssen.»
Attraktive Rahmenbedingungen als Voraussetzung für stabile und faire Arbeitsplätze
Auch Sabin Bieri vom Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt der Universität Bern bekräftigte, dass Arbeitsplätze für eine stabile und nachhaltige Entwicklung von grosser Bedeutung seien. Man müsse das Thema Arbeit jedoch differenziert betrachten, und beispielsweise auch die informelle Arbeit berücksichtigen.
Alle waren sich einig, dass es für stabile und faire Arbeitsplätze attraktive Rahmenbedingungen brauche: Frieden, nicht korrupte Regierungen und faire Arbeitsrechte. Lengsfeld bemerkte kritisch, dass sich die Privatwirtschaft ebenfalls dafür einsetzen solle, diese Rahmenbedingungen zu verbessern. Oftmals profitiere die Wirtschaft nämlich von korrupten Regierungen. Sein Wunsch wäre, dass die Politik und die Privatwirtschaft gleichermassen Verantwortung für eine bessere Weltwirtschaft übernehmen. Sager, der vor kurzem an der Entwicklungsfinanzierungskonferenz in Äthiopien teilgenommen hat, meinte demgegenüber zuversichtlich, dass Profit und globale Verantwortung heute wohl keine Widersprüche mehr seien. Bei vielen Unternehmen herrsche ein neuer Geist.
Die zahlreichen Besucher am Anlass werden die Verhandlungen rund um die «Sustainable Development Goals» sicherlich gespannt weiterverfolgen.
Weiterführende Links
Centre for Development and Environment (CDE)
Universität Bern
Hallerstrasse 10
CH-3012 Bern
T +41 31 631 88 22
info@cde.unibe.ch
Centre for Development and Environment (CDE)
Weitere Informationen zu den Verhandlungen der Nachhaltigkeitsziele
Zur Autorin
Corina Lardelli ist Leiterin der Kommunikation am Zentrum für nachhaltige Entwicklung und Umwelt (CDE) der Universität Bern. Sie hat die Podiumsdiskussion zu den UNO-Nachhaltigkeitszielen gemeinsam mit Forschenden des CDE und dem Hilfswerk HELVETAS organisiert. Ein zentrales Anliegen des CDE ist es, den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu fördern und einen Beitrag an globale Nachhaltigkeits- und Entwicklungsdebatten zu leisten.