«Ob das ein Rekord war oder nicht, ist unerheblich»

2014 war vermutlich das wärmste Jahr seit Messbeginn. «uniaktuell« wollte vom Berner Klimatologen Stefan Brönnimann wissen, mit welchen Unsicherheiten solche Rangierungen einhergehen und ob dieser Rekord nun das Ende der «Klimapause» bedeutet.

Interview: Martin Zimmermann 06. Februar 2015

«uniaktuell»: Laut der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA und der NASA war 2014 das wärmste Jahr seit Beginn der regelmässigen Aufzeichnungen im Jahr 1880. Wie führt man solche globalen Temperaturmessungen durch?

Stefan Brönnimann: Die Schätzung der globalen Mitteltemperatur ist nicht ganz einfach: Über dem Land beruht die Schätzung auf direkten Messungen, also Wetterstationen. Über der Meeresoberfläche stehen neben Schiffsmessungen auch Satellitendaten zur Verfügung. In jedem Fall ist einiges an Berechnungen nötig, um ein Gesamtbild zu erhalten. Dennoch beträgt die Unsicherheit einer globalen Jahremitteltemperatur zirka 0.05 Grad Celsius.

Wie kommt es zu dieser Unsicherheit?

Eine wichtige Quelle der Unsicherheit sind die vielen Land- oder Eisflächen, die nicht gut durch Messstationen abgedeckt sind, beispielsweise die Arktis. Diese hat sich in den letzten Jahrzehnten besonders schnell erwärmt.

NASA-Temperaturkarte 2014: rot dominiert. An diesen Orten war es 2014 wärmer als im langjährigen Mittel. © Grafik: NASA/GSFC/Earth Observatory, NASA/GISS
Konnte man die Auswirkungen der Extra-Wärme an konkreten Ereignissen festmachen, etwa anhand einer Häufung von Wetterextremen?

Ein einzelnes Jahr an häufigeren Extremereignissen festzumachen, ist weder möglich noch sinnvoll. Was man aber sagen kann: Hitzewellen und extreme Temperaturen haben in den vergangenen 50 Jahren zugenommen. Bei anderen Arten von extremen Ereignissen – beispielsweise Stürmen oder Dürren – ist dies hingegen schwieriger festzustellen.

Wie sicher ist überhaupt, dass 2014 das wärmste Jahr war?

In den Berechnungen der NASA und NOAA ist 2014 zwar das wärmste Jahr, auch die Weltorganisation für Meteorologie WMO hat 2014 als wärmstes Jahr eingestuft. Allerdings ist der Unterschied zu den nachfolgenden beiden wärmsten Jahren klein; kleiner als die statistische Unsicherheit. Aber ob das jetzt wirklich «Rekord» war oder nicht, ist eigentlich unerheblich. Wichtig ist, festzustellen, dass sich 2014 unter die drei wärmsten Jahre einreiht. Die beiden anderen sind 2010 und 2005. 

Das Verdikt der US-Behörde NOAA ist eindeutig: 2014 (Säule ganz rechts) war das wärmste Jahr seit 1880. © Diagramm: NOAA
Bedeutet dieser Rekord nun das Ende der in den Medien oft zitierten «Klimapause», also dem Umstand, dass die es seit dem Jahrtausendwechsel global kaum wärmer geworden ist?

Genauso wie einige kühlere Jahre nicht das Ende der Klimaerwärmung darstellen, wie das manche behaupteten, ist ein einzelnes warmes Jahr nicht das Ende der Klimapause. Für solche Aussagen ist es zu früh. Es gilt, jetzt den tropischen Pazifik, den Nordatlantik sowie das südliche Polarmeer im Auge zu behalten; hier vermutet man die Ursache der schwankenden Erwärmungsraten. Die Ozeane haben in den letzten Jahren grosse Energiemengen aufgenommen und sich in einigen hundert Metern Tiefe stark erwärmt – das war just die Erwärmung, die in der Atmosphäre fehlte.

Wieso schwingen manche Jahre oben aus und andere nicht?

Rekordjahre der globalen Mitteltemperatur sind meist Jahre mit einem starken El Niño-Ereignis. Dabei erwärmt sich der östliche tropische Pazifik und es kommt zu einer Umkehr der atmosphärischen Zirkulation in dieser Region. Die Auswirkungen solcher Phänomene sind global. Zwar war auch 2014 ein El Niño-Jahr, jedoch ein relativ schwaches und ungewöhnliches. Genauere Analysen werden zeigen müssen, wie gross die Rolle dieses Ereignisses war. 

Kann man schon Prognosen über das Jahr 2015 anstellen?

Langfristig wird sich das Klima auf dem durch die globalen Antriebsfaktoren vorgegebenen Pfad bewegen – allen voran den Treibhausgaskonzentrationen. Kurz- und mittelfristig, also über ein oder mehrere Jahre, wird es immer wieder Abweichungen davon geben. Eine Prognose für das Jahr 2015 wage ich daher nicht.

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