«Sehen ist glauben»

Dr. Federica Moalli wurde am Tag der Klinischen Forschung am 4. November mit dem Johanna Dürmüller-Bol DKF Forschungspreis, der mit CHF 30'000.- dotiert ist, ausgezeichnet. Im Interview erzählt Federica Moalli von ihrem Forschungsprojekt gegen Brustkrebs und was sie an den modernen bildgebenden Verfahren so faszinierend findet.

Interview: Brigit Bucher 04. November 2015

«uniaktuell»: Was bedeutet Ihnen der Johanna Dürmüller-Bol DKF Forschungspreis des Departements Klinische Forschung der Universität Bern?
Federica Moalli: Die Auszeichnung freut mich sehr, da sie mir einige Unabhängigkeit gibt in meinem Forschungsprojekt. Eine Idee für ein Projekt zu haben, ist ja eigentlich nicht die grösste Herausforderung im Leben einer Forscherin; sie finanzieren zu können ist der entscheidende Teil des Puzzles.

Was wollen Sie mit Ihrer Forschung erreichen?
Ich interessiere mich besonders für Lymphozyten und die Rolle, die sie spielen, wenn es um Krebs geht. Schlussendlich geht es darum, die Grundlagenforschung in die Praxis umzusetzen und herauszufinden, wie die körpereigene Abwehr gegen Brustkrebs verstärkt werden kann.

Sie haben in Milano studiert und gearbeitet. Was hat Sie an die Universität Bern gebracht?
Generell geht es in der Forschung darum, Wissenschaftsnetzwerke aufzubauen und diese zu nutzen. Verschiedene Labors, die auf der ganzen Welt verteilt sind, forschen jeweils zu ähnlichen Themen. Diese Netzwerke sind wichtig, weil sie Möglichkeiten zur Zusammenarbeit bieten, verschiedene Arbeitstechniken kennengelernt werden können und der Ideenaustausch allgemein gefördert wird. Dass ich die Gelegenheit habe, in einem solchen Umfeld  in ausgewählten Labors zu arbeiten, ist natürlich faszinierend. Auch lerne ich immer wieder modernste Technologien kennen. Ich habe mich für Bern entschieden, weil ich mich besonders für bildgebende Verfahren interessiere und speziell für die neuste Mikroskopie-Technik, die in diesem Labor entwickelt wurde, wo ich momentan arbeite.

Was ist der Unterschied von der Arbeit in der Forschung in der Schweiz im Vergleich zu Italien?
Nun, wenn es um die akademische Forschung geht, gibt es eigentlich keine grossen Unterschiede. Natürlich existieren in der Schweiz aber Unternehmen wie Roche und Novartis, die viel in die Forschung investieren und hervorragende Arbeitsplätze für Forschende bieten. In Italien gibt es sicherlich auch ausgezeichnete Laboratorien, private Krankenhäuser, Forschungsgruppen und Universitäten. Allerdings ist das Umfeld kompetitiver und die Gehälter nicht mit denen in der Schweiz vergleichbar.

Was ist Ihre persönliche Motivation, auf genau diesem Forschungsgebiet tätig zu sein?
«Sehen ist glauben» – dieses Motto bringt meine Faszination auf den Punkt. Die Zwei-Photonen-Mikroskopie wurde erstmals im Jahr 2002 in Amerika zur Anwendung in der Forschung gebracht. Diese Technik ermöglicht es, in lebenden Tieren Zellen sichtbar zu machen, indem sie fluoreszierend markiert werden. So können beispielsweise Tumorzellen im Zeitraffer beobachtet werden, wie sie sich im Gewebe verhalten, wie sie sich ausbreiten und wie sie interagieren. Das ist es, was mich interessiert.

Was werden Sie mit der Preissumme machen?
Generell ist Forschung sehr kostenintensiv. Labors müssen teure Geräte anschaffen, die Löhne der Forschenden finanzieren und so weiter. So wird die Preissumme dazu verwendet, einen Teil der Kosten unserer Forschung zu decken. 

Das ausgezeichnete Forschungsprojekt

Die Forschung von Federica Moalli befasst sich mit dem humoralen Immunsystem – der Abwehr von Krankheitserregern in Körperflüssigkeiten, etwa im Blut oder der Lymphe. Dabei reagiert der Körper spezifisch auf Bakterien oder Viren, während er körpereigenes Gewebe als solches erkennt und nicht angreift. Eine Immunantwort wird dabei grundsätzlich so ausgelöst, dass Antigene – spezifische Erkennungssequenzen der Erreger – im Lymphknoten durch spezialisierte Zellen «präsentiert» werden. Erkannt werden diese Antigene durch sogenannte B-Zellen, welche daraufhin Antikörper gegen die Erreger produzieren, sowie sogenannte T-Helferzellen, welche unter anderem die B-Zellen bei der Bekämpfung des Erregers unterstützen, und schliesslich sogenannte T-Killerzellen, welche direkt infizierte Zellen töten und damit die Ausbreitung des Erregers stoppen. Aktuelle Forschungsergebnisse belegen, dass bei bestimmten Arten von Brustkrebs die Präsenz von T-Killerzellen im Tumorgewebe entscheidend für den Therapieerfolg sein kann. Sie erkennen die entarteten Krebszellen als «Fremdgewebe» und töten sie direkt – sofern Therapien verabreicht werden, die die Aktivität des Immunsystems ausreichend steigern. Es gibt Hinweise darauf, dass für diesen Prozess der Krebsabwehr auch die Aktivierung von B-Zellen und T-Helferzellen eine wichtige Rolle spielen, wobei der genaue Ablauf dieser Aktivierung noch weitgehend unbekannt ist. In ihrem Forschungsprojekt verfolgt Moalli daher in einem Mausmodell von Brustkrebs das Zusammenspiel von Antigen-präsentierenden, B- und T-Helfer-Zellen im Lymphknoten «live» durch intravitale Mikroskopie. Die gemachten Beobachtungen korreliert Moalli mit der Stärke der folgenden Immunantwort und vergleicht dies auch mit Ergebnissen aus Gewebeproben von Brustkrebspatienten. Das Ziel von Moallis Projekt ist es, herauszufinden wie die Immunantwort von B-Zellen in Zukunft für die Krebstherapie genutzt werden kann.

Zur Person

Federica Moalli wurde 1981 in Italien geboren. Sie schloss im Jahre 2005 ihr Masterstudium in Medizinischer Biotechnologie an der Universität von Mailand, Italien, ab. 2009 erhielt sie den Doktortitel in Molekularer Medizin von der Universität Vita-Salute San Raffale Klinikum, Mailand, Italien. Während des Master- und Doktoratsstudiums, sowie ein Jahr nach dessen Abschluss arbeitete Federica Moalli im Labor von Prof. Alberto Mantovani in Mailand, wo sie sich auf die Erforschung des humoralen Arms der angeborenen Immunabwehr spezialisierte – dieser bekämpft Erreger, die sich in Körperflüssigkeiten wie Blut oder Gewebsflüssigkeit bewegen. Im Jahr 2011 trat sie der Gruppe vonProf. Jens Stein im Theodor Kocher Institut der Universität Bern bei, um die molekularen Mechanismen der Lymphozytenmigration in lymphoiden und nicht-lymphoiden Geweben vor und nach Infektionen sowie in Krebserkrankungen zu erforschen. Hierbei setzt sie moderne Methoden der Bildgebung ein, hauptsächlich multiplex 2-Photonen Mikroskopie (2PM) und optische Projektions-Tomografie (OPT).

Kontakt:

Federica Moalli, Theodor-Kocher-Institut (TKI), Freiestrasse 1, 3012 Bern
Telefon Institution: +41 31 631 41 41
Email: federica.moalli@tki.unibe.ch

Departement Klinische Forschung 

Fondation Johanna Dürmüller-Bol stiftet DKF Forschungspreis

Von 2012 bis 2016 wird der DKF Forschungspreis von der Fondation Johanna Dürmüller-Bol gestiftet. Sie will damit in ihren Förderfeldern Medizin und Wissenschaft Nachwuchsforschende der Medizinischen Fakultät der Universität Bern motivieren und unterstützen. Am Tag der Klinischen Forschung werden neben dem Johanna Dürmüller-Bol DKF Forschungspreis 2015 weitere Preise verliehen.

Zur Fondation Johanna Dürmüller-Bol

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