Forschungsförderung zum Wohle der Gesellschaft
Marc-David Ruepp hat sich als junger Wissenschaftler seine eigene Forschungsgruppe aufgebaut. Zusammen mit drei Doktoranden und drei Master Studierenden erforscht er die degenerative Muskelkrankheit ALS, deren Ursachen unter anderem in defekten Genen liegt. Seine Forschung ist vollumfänglich durch private Stiftungsmittel finanziert. Anlässlich des ersten Kamingesprächs von Rektor Christian Leumann hat er Förderinnen und Förderern der Universität Bern sein Forschungsgebiet nähergebracht.
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine nicht heilbare Erkrankung des motorischen Nervensystems, die zu einem Gewebeschwund in den Muskeln führt. Wenn Sie twittern würden, wie würden Sie mit 160 Zeichen Ihre Forschung umschreiben?
Wir untersuchen die molekularen Mechanismen, die durch Mutationen im FUS Gen ALS auslösen und zum Absterben der Motorneuronen führen.
Und wie untersuchen Sie diese molekularen Mechanismen?
Wir benutzen sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen, die aus normalen menschlichen Hautzellen reprogrammiert wurden. In deren Erbgut fügen wir mit künstlichen Enzymen die Mutationen ein, die die Erkrankung ALS auslösen. Diese ALS-Stammzellen können wir dann zu Motoneuronen differenzieren, also zu den Zellen weiterentwickeln, die bei der Krankheit ALS absterben. Motoneuronen sind, einfach gesagt, die Nervenzellen, die Muskeln zum Bewegen bringen. Diese vergleichen wir dann mit Motoneuronen, die wir aus gesunden Stammzellen herstellen. Wir bilden die Krankheit ALS in der Zellkulturschale nach.
Wie sieht ein normaler Arbeitsalltag eines Forschers wie Ihnen aus?
Am Morgen bespreche ich mit meinem Team Resultate unserer Experimente. Wir planen die Forschungsstrategien anhand der neusten Ergebnisse, und die restliche Zeit verbringe ich bei den Zellkulturen, mit Literaturrecherche, oder mit dem Durchführen von Experimenten. Meistens arbeite ich zehn bis zwölf Stunden am Tag. Die Herstellung der ALS-Stammzellen ist sehr zeitintensiv. Vom Beginn eines Experiments bis zur gewünschten Mutation dauert es zwei bis drei Monate. Da Stammzellen täglich, das heisst auch am Wochenende und an Feiertagen, frisches Medium benötigen, hält das uns auf Trab.
Was kann Ihnen als Forscher den Schlaf rauben?
Schlaflose Nächte hatte ich in dem Sinn noch nie, aber wenn ein sehr wichtiges Experiment ansteht, von dem wir uns wichtige Erkenntnisse erhoffen, dann bin ich schon angespannt. Das gleiche gilt für Publikationen: Wie werden die Ergebnisse vom Forschungsfeld aufgenommen. Welches Feedback erhalten wir? Das ist jeweils eine sehr spannende, aber auch anspannende Zeit.
Sie wollten nach dem Doktorat Ihre eigene Forschung entwickeln und haben bei Stiftungen nach Finanzierung gesucht. Wie haben Sie die vom Stiftungszweck in Frage kommenden Stiftungen identifiziert und gefunden?
Als ich mein Forschungsprojekt entworfen habe, durchsuchte ich mehrere Tage lang das Schweizerische Stiftungsverzeichnis des eidgenössischen Departements des Inneren nach passenden Stiftungen mit Stichworten, die meine Forschung umschreiben. Das waren Begriffe wie Naturwissenschaften, Grundlagenforschung, Forschung, Gesundheit, Neurologie, Neurodegeneration, Wissenschaft. Danach studierte ich bei jedem Treffer in der Datenbank den Stiftungszweck und überlegte mir, ob mein Thema dazu passen könnte. Einige dieser Stiftungen habe ich angeschrieben, ob sie interessiert wären, meine Forschung zu fördern. Und ich hatte Glück.
Sie haben von einer noch relativ jungen Forschungsstiftung eine massgebliche Finanzierung Ihrer Forschung erhalten. Welche Wirkung erwartet die Stiftung?
Die Stiftung, die zurzeit den grössten Teil meiner Forschung finanziert, hat zum Ziel, innovative Grundlagenforschung zu fördern. Die Stiftung fördert Forschung, die mit ihren Erkenntnissen zum Wohle der Gesellschaft beitragen soll. Eine Bedingung ist, dass die Forschungsergebnisse der Menschheit zur Verfügung gestellt werden. Es geht hier also nicht um Patente, sondern darum, dass mit der Forschung neue Erkenntnisse gewonnen werden sollen, die der Menschheit nützen. Die Stiftung verfolgt einen rein philanthropischen Ansatz und beeinflusst die Ereignisse der Forschung in keiner Weise.
Zur Person
Marc-David Ruepp studierte von 2001-2005 Biochemie an der Universität Bern und machte seine Diplom- und Doktorarbeit im Labor von Prof. Daniel Schümperli auf dem Gebiet der RNA 3’ end formation und Genexpression. Nach Abschluss seiner Doktorarbeit stiess er als Post Doc zu der Gruppe von Oliver Mühlemann und konnte dank selbst eingeworbenen Drittmittel seine eigene Forschung und seine eigene Forschungsgruppe aufbauen. Seit 2014 ist er unabhängiger Junior Gruppen Leiter am Departement für Chemie und Biochemie.
Kontakt:
Dr. Marc-David Ruepp
Universität Bern
Departement für Chemie und Biochemie (DCB)
Telefon direkt: +41 31 631 43 21
Telefon Institution: +41 31 631 42 43
Email: marc.ruepp@dcb.unibe.ch
Universitätsförderung
Marc-David Ruepp präsentierte seine Forschung anlässlich eines Kamingespräches des Rektors mit Unterstützerinnen und Unterstützern der Universität. Mit den Kamingesprächen im Haus der Universität hat Christian Leumann ein neues Gefäss zur Beziehungspflege geschaffen. Es soll ein- bis zweimal jährlich stattfinden.
Die Stelle Universitätsförderung unterstützt Rektor Christian Leumann und die Universitätsleitung in der Pflege der Beziehungen der Universität zu Förderinnen und Fördern, Unternehmen sowie Stiftungen. Ausserdem berät und begleitet Dorothea Bergler Institute und Fakultäten bei ihren Fundraisinganliegen.
Zur Autorin
Nicola von Greyerz ist als Eventmanagerin an der Universität Bern tätig.