Roboter von gestern, heute und morgen
Was ist ein Roboter? Wann wurde der erste Roboter geboren? Und wie sieht die Zukunft aus? Antworten auf diese Fragen lieferte der preisgekrönte Roboterforscher Arturo Baroncelli am 19. September in der gut besuchten Auftaktveranstaltung der Vorlesungsreihe des Collegium generale im Hauptgebäude der Universität.
Ein Roboter ist nicht dasselbe wie Artificial Intelligence (AI). Das machte Arturo Baroncelli vom internationalen Verband der Robotik-Industrie und -Forschung klar und erklärte: «Hier herrscht in der Öffentlichkeit und den Medien Verwirrung». Ein Roboter habe drei zentrale Eigenschaften. Einerseits könnten sich Roboter in praktisch unendliche Positionen innerhalb ihrer eigenen Reichweite bewegen. Andererseits, könnten sie praktisch unbegrenzte programmierbare Bewegungen ausführen. Und nicht zuletzt könnten sie «Entscheidungen» in Abhängigkeit von externen Ausgängen treffen: «Wenn etwas passiert, dann führt der Roboter eine bestimmte Operation durch», erläuterte Arturo Baroncelli. Unter AI versteht man hingegen ein Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens und dem Maschinellen Lernen befasst. «AI ersetzt das hier», sagte Baroncelli und tippte auf seine Stirn.
Antike Roboter
Roboter sind aber nicht bloss Zukunftsmusik! Arturo Baroncelli zeigte, dass die Idee eines Roboters ihren Ursprung bereits in der Antike hatte: Hephaistos, der griechische Gott des Feuers und Kunstschmied, schuf nicht nur einen dreibeinigen Tisch, der sich aus eigener Kraft bewegen konnte, sondern auch eine Menschmaschine, die Kreta verteidigte. Die Idee sowie der Name der technischen Apparatur entwickelte sich fortlaufend weiter; vom Techniktüftler Leonardo da Vinci, über Shelleys Romanfigur Frankenstein (1818), Carlo Collodis Pinocchio (1883) zu Čapek’s Stück «Roboti» (1920er) bis hin zu Isaac Asimovs Science-Fiction Kurzgeschichten der Robot Series (1939). Zunächst in Kunst und Literatur gesponnen, kann die Geburt des ersten industriellen Roboters auf das Jahr 1961 festgesetzt werden. Der erste Roboter wog damals noch zwei Tonnen.
Im Zeichen der Zeit
Die Entwicklung der Robotik hat seither deutlich Fahrt aufgenommen. Für Industrie und Forschung hat die Digitalisierung dabei eine grosse Bedeutung, wie Arturo Baroncelli ausführte: Die technologische Entwicklung stelle die Mensch-Maschine-Interaktion in ein neues Licht. Baroncelli veranschaulichte solche komplexen Sachverhalte gleich an illustrativen Beispielen oder gewährte Einblicke in aktuelle Forschung wie beispielsweise einem Roboter von der Universität Delft, der aufgrund einer Abbildung den realen Gegenstand erkennt und Aufgaben wie Einsortieren erledigen kann. Die Robotik sei heute aber immer noch technischen Herausforderungen ausgesetzt: So sei etwa die Feinmotorik einer Roboterhand bis heute ungenügend.
Die Schweiz als Robotik-Player
Seit 2012 hat sich die Zahl der Roboter in der Schweiz beinahe verdoppelt. Und der Trend ist steigend. Die Schweiz ist also weltweit vorne mit dabei. Das kann man auch aufgrund der neuesten Daten zur Roboterdichte der international Federation of Robotics festhalten: Mit 1'118 Robotern, die in der Schweiz zum Einsatz kommen, liegt die Eidgenossenschaft nicht schlecht im Rennen. Während die Robotik also schon Einzug in Produktion, Beruf und Alltag halten, begleiten Diskussionen zwischen Technikbefürwortern und -gegnern die Veränderungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen.
Wie geht es nun weiter?
Der ungeheure Fortschritt der letzten Jahre zeigt, dass das Aufstellen von Prognosen enorm schwierig ist. Auch Arturo Baroncelli lehnte sich nicht allzu weit aus dem Fenster und wies auf die Trends der nächsten zwei bis drei Jahre hin: In Zukunft werden Roboter einfacher zu bedienen («simplification») und digitaler («digitalisation») sein und mit Menschen zusammenarbeiten («collaboration»). Zudem meinte er: «Industrielle Roboter stehlen den Menschen keine Jobs – Im Gegenteil: Sie führen zu höherer Produktivität, höherer Kosteneffizienz und höherer Qualität sowie Zuverlässigkeit». In einem ist sich Baroncelli aber sicher: Die Innovationen lassen sich nicht aufhalten. Die Internationale Föderation der Robotik (IFR) rechne daher auch mit einem «Wachstum von Industrie- als auch Servicerobotik im zweistelligen Bereich in den kommenden Jahren».
Herausforderungen für die Gesellschaft
Nach den vorsichtigen Zukunftsprognosen stellte das Publikum zahlreiche Fragen: Diese reichten von Herausforderungen der Robotik für das Bildungssystem bis zu technischen Fragen und ethischen Fragen. Vor allem letztere beschäftigte offensichtlich das Publikum am meisten. Und auch der Experte wusste nicht auf jede Frage eine Antwort: Da es sich bei der Robotik um einen interdisziplinären Forschungsbereich handle, verwies Baroncelli auf die Experten der nächsten Vorlesungen, die von Biomedizinischen Ingenieuren über Rechtswissenschaftlern zu Soziologen reichen.
Collegium Generale Vorlesungsreihe HS 2018
Die öffentlichen und kostenlosen Veranstaltungen finden jeweils am Mittwoch von 18.15 bis 19.45 Uhr im Auditorium maximum (Raum 110) des Uni-Hauptgebäudes statt (Ausnahmen siehe Programm). Die Themen reichen von Darstellungen von Robotern im Theater über aktuellen Entwicklungen in der Rehabilitationsrobotik bis zu Robotern in Hörsälen. So werden die Herausforderungen für Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch Roboter aus verschiedenen disziplinären und transdisziplinären Blickwinkeln betrachtet.
Zur Person
Dr. Arturo Baroncelli ist der Präsident der International Federation of Robotics (IFR). Er arbeitet und forscht bereits seit über 30 Jahren im Feld der Robotik.
Zur Autorin
Lea Muntwyler ist Hochschulpraktikantin in der Abteilung Kommunikation und Marketing an der Universität Bern.