Gut geplant ist halb gewonnen – Einblicke in den Wahlkampf
Zum Abschluss des laufenden Wahlkampfes geben zwei Parteien einen Einblick in ihre Kampagnenstrategie. Am jährlichen Herbstanlass von ipwalumni, der Ehemaligenorganisation des Instituts für Politikwissenschaft der Uni Bern, wurde über die «Wahlbarometer»-Vorumfragen gesprochen sowie die do’s and dont’s von erfolgreichen Kampagnen thematisiert. Ebenso wurden die Erich Gruner-Preise für die besten Abschlüsse am Institut für Politikwissenschaft verliehen.
ipwalumni, die Ehemaligenorganisation des Instituts für Politikwissenschaft der Uni Bern, lud am 16. Oktober im Raiffeisen Forum Bern zum dritten Herbstanlass. Die eidgenössischen Wahlen vom 20. Oktober 2019 und der nunmehr endende Wahlkampf wurde zum inhaltlichen Schwerpunkt des Abends gemacht. Unter der Leitung von Melanie Eberhard vom Dachverband der Schweizer Jugendparlamente trug Politikwissenschaftlerin Cloé Jans (gfs.bern) ihre Erfahrung aus der wissenschaftlichen Perspektive bei und Sara Ryser, CVP, sowie Uni-Bern-Student Marcel Schuler, FDP, die beide auf den Generalsekretariaten ihrer Partei tätig sind, vermittelten einen Einblick in die Parteistrategien.
Wahlkampfstrategien: Zeitplan und Ressourceneffizienz
Interessant war zu erfahren, dass die Wahl-Vorumfragen gar nicht als Gradmesser für die Parteien fungieren, respektive nur untergeordnet. Vielmehr wird eine von langer Hand geplante und orchestrierte Kampagne von A bis Z durchgezogen. Bezüglich der finanziellen Mittel gaben sich die beiden nicht so verdeckt, wie vielleicht zu erwarten war: Schuler gab beispielsweise bekannt, dass die Partei eine Heissluftballonhülle für gut 30'000 Franken herstellen liess – ein Eyecatcher, so der Freisinnige. Dass die Christlichdemokraten einen Teil des Wahlkampfbudgets bereits im Vornherein für die zweiten Wahlgänge bei den Ständeratswahlkämpfen in einzelnen Kantonen reserviert haben, zeigt auch eine gewisse Weitsicht.
Föderalismus auch in der Parteiorganisation
Überhaupt zeigte sich, dass die Parteizentrale nur übergeordnet die Fäden zieht und dass die kantonalen Sektionen nicht nur Freiheit geniessen, sondern auch ganz spezifische Wahlkämpfe betreiben. In dieser Hinsicht kam auch das von der FDP betriebene Micro-Targeting zur Sprache. Diese Massnahme basiert auf der Kenntnis oder mindestens der Vermutung, wo parteiaffine Wählerinnen und Wähler aufgespürt, ganz gezielt angesprochen und – so die Hoffnung – mobilisiert werden können. Von US-amerikanischen Verhältnissen mit einem weitreichenden Zugriff auf Wahlregisterdaten, die mit persönlichen Eigenschaften verknüpft werden können, sei man in der Schweiz noch weit entfernt, gab Cloé Jans indes beschwichtigend zu bedenken. Diese Kampagnenmassnahme zeigt jedoch auf, wie die Digitalisierung die Wahlen hinsichtlich der Meinungsbildung zu beeinflussen vermag.
Grosses Thema war denn auch die Nutzung von Social Media. Die FDP gibt sich als technologiebewusst, weswegen diese Kanäle eine wichtige Rolle spielen. Seitens der CVP wird weniger in die sozialen Netzwerke investiert. Jedoch gab die Negativkampagne der CVP zu reden. Während dieser Schritt von der CVP-Vertreterin relativierend in den Kontext eingebettet wurde, zeigte sich der FDPler irritiert. Vermittelnd stellte sich die Politologin zwischen die Fronten, die zwar die Kampagne als neu bezeichnete, jedoch wiederum stark vom klassischen Negative Campaigning nach amerikanischem Vorbild abweiche.
Vorwahlumfragen als «nice-to-haves»
Ob die Vorumfragen nun eine Relevanz für die Wahlkämpfe haben, kann zusammenfassend mit «Nein» beantwortet werden. Schuler gab an, dass die Trends viel mehr interessieren, als die «nackten Zahlen»; sprich, ob seit der letzten Umfragewelle ein Plus oder ein Minus verzeichnet werde. Dadurch erkenne man, ob der richtige Weg eingeschlagen wurde. Aber die vor Jahresfrist gefassten Strategien würden deswegen kaum angepasst.
Insgesamt konnte der Wunsch, einen Einblick in die parteiliche Kampagnenarbeit zu gewinnen, mehr als erfüllt werden. Die Diskussion hat die Gespräche beim abschliessenden Beisammensein nachhallend geprägt.
Erich Gruner-Preise für die besten Abschlüsse
ipwalumni hat im Rahmen dieser Veranstaltung zum zweiten Mal die Erich Gruner-Preise überreicht. Mit diesem Ehrenpreis drückt ipwalumni seine Verbundenheit mit dem IPW und den Berner Politologinnen und Politologen aus und honoriert die besten Abschlüsse des vergangenen akademischen Jahres. Die mit 750 Franken dotierten Preise gehen heuer an Ladina Triaca, Karin Frick und Christian Metzger. Die drei Alumni haben inzwischen unterschiedliche Karrierewege unter die Füsse genommen. Ladina Triaca hat es in den Politjournalismus verschlagen, Christian Metzger ist gewerkschaftlich aktiv geworden und ist bei der Unia tätig, während Karin Frick der Akademie treu bleibt und ein Doktorat an der Uni Bern begonnen hat. Für ipwalumni ist es erfreulich, diese drei Absolvierenden in unterschiedlichen Funktionen zu sehen. Sie werden als Neumitglieder von ipwalumni Teil des Berner Alumni-Netzwerks.
Über ipwalumni:
ipwalumni versteht sich als klassische Ehemaligenorganisation mit dem Ziel, die Mitglieder zu vernetzen und Kontakte zu pflegen. Ein Anliegen ist es auch, das Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern (IPW) durch unterschiedliche Aktivitäten, vor allem aber auch ideell zu unterstützen. Dazu gehört auch die Verbundenheitsbekundung mit der Universität Bern als Alma Mater. Vier Anlässe pro Jahr und die Verleihung der Erich Gruner-Preise sind fester Bestandteil des Programms des Vereins. Dabei wird auf eine möglichst grosse Inklusion geachtet und auch Studierende sind jeweils an den Veranstaltungen willkommen. Durch die Partnerschaft mit Alumni UniBern kann ipwalumni den Mitgliedern eine breite Palette an Vorzügen bieten. ipwalumni pflegt einen engen Austausch mit der Universität, mit anderen Alumni-Fachorganisationen (fachfremd) der Universität Bern sowie mit Politikwissenschafts-Alumni anderer Schweizer Universitäten.
Zum Autor
Maximilian Schubiger ist Gründungspräsident von ipwalumni. Während und nach seinem Studium in Bern war er von 2011 bis 2019 am Institut für Politikwissenschaft tätig und hat während seiner Assistenzzeit bei Année Politique Suisse verschiedene Ressorts betreut. Heute ist er beim Bundesamt für Sport im Bereich der Sportpolitik und Sportförderung tätig.