Weltraumteleskop CHEOPS erfolgreich gestartet
Die Erleichterung war gross, als die Sojus-Fregat-Rakete mit CHEOPS am Mittwoch, 18. Dezember 2019 kurz vor 10 Uhr abhob. Mit grossem Applaus verfolgten die Zuschauerinnen und Zuschauer an der Universität Bern den Livestream der ESA aus Kourou, Französisch-Guyana.
Am Vortag hatte ein Fehler bei der obersten Raketenstufe den Abbruch des Starts bewirkt. In der Folge wurde Hardware ausgetauscht und der Start auf Mittwochmorgen festgesetzt. Diesmal lief alles nach Plan. Um 12:19 MEZ wurde CHEOPS auf einer Höhe von 708 Kilometer in seiner Umlaufbahn abgesetzt – ein weiterer Moment der Erleichterung und Freude. Etwa 40 Minuten später folgte die Bestätigung, dass ein Signal des Satelliten empfangen wurde – CHEOPS lebt.
Über 100 Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten die Liveübertragung des Starts in der Wandelhalle des ExWi-Gebäudes an der Universität Bern. Bereits am Vortag hatten rund 350 Gäste die Veranstaltung zum geplanten Start mit Vorträgen und Ausstellungsstücken besucht.
Die Umlaufbahn von CHEOPS führt über die beiden Pole, wobei sich der Satellit stets auf der Tag-Nacht-Grenze befindet. Die Rückseite des Satelliten ist permanent zur Sonne gerichtet. So werden die Temperaturschwankungen und das Streulicht auf ein Minimum reduziert und der Satellit kann ununterbrochen beobachten.
Die frühe Orbit-Phase (LEOP) und die Inbetriebnahme im Orbit (IOC) werden von Airbus durchgeführt, bevor das Konsortium der CHEOPS-Mission die Verantwortung für den Betrieb des Weltraumteleskops übernimmt.
Anfang Januar beginnt die CHEOPS-Crew mit der Inbetriebnahme des Instruments, dem sogenannten Commissioning, das rund 2 Monate dauern wird. Zuerst werden während etwa 2 Wochen Dunkelbilder gemacht. So lässt sich feststellen, ob die Elektronik in Ordnung ist. Ende Januar folgt ein weiterer entscheidender Schritt: Der Deckel wird geöffnet. Erst dann wird man den ersten Stern sehen. Idealerweise wird sich dieser als verwaschenes Objekt abzeichnen, denn das Instrument ist leicht unscharf eingestellt, da es nur helle Sterne beobachten soll und die Belichtungszeit sonst zu kurz wäre. Anfang März rechnen die CHEOPS-Verantwortlichen mit ersten wissenschaftlichen Messungen.
Die Planung der Beobachtungen wird im Science Operations Centre (SOC) an der Universität Genf durchgeführt und an das Mission Operations Centre (MOC) übermittelt. Von dort werden die Befehlssequenzen über Bodenantennen in Torrejón und Villafranca bei Madrid zum Satelliten hochgeschickt. Die Telemetrie des Raumschiffs wird vom MOC zum SOC geleitet, wo sie kalibriert, verarbeitet und archiviert wird.
CHEOPS – Auf der Suche nach potenziell lebensfreundlichen Planeten
Die CHEOPS-Mission (CHaracterising ExOPlanet Satellite) ist die erste der neu geschaffenen «S-class missions» der ESA (small class Missions mit einem ESA-Budget unter 50 Mio) und widmet sich der Charakterisierung von Exoplaneten-Transiten. CHEOPS wird hochpräzise Messungen von Sternen vornehmen, und kleine Veränderungen in ihrer Helligkeit beobachten, die durch den Transit eines Planeten vor dem Stern verursacht werden. CHEOPS wurde im Rahmen einer Partnerschaft zwischen der ESA und der Schweiz entwickelt. Unter der Leitung der Universität Bern und der ESA war ein Konsortium mit mehr als hundert Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Ingenieurinnen und Ingenieuren aus elf europäischen Nationen während fünf Jahren am Bau des Satelliten beteiligt. Eine Sojus-Rakete wird den Forschungssatelliten zusammen mit einem grösseren italienischen Radarsatelliten auf eine Erdumlaufbahn in 700 Kilometer Höhe bringen. Der Bund beteiligt sich am CHEOPS-Teleskop im Rahmen des PRODEX-Programms (PROgramme de Développement d'EXpériences scientifiques) der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Über dieses Programm können national Beiträge für Wissenschaftsmissionen durch Projektteams aus Forschung und Industrie entwickelt und gebaut werden. Dieser Wissens- und Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Industrie verschafft dem Werkplatz Schweiz letztlich auch einen strukturellen Wettbewerbsvorteil – und er ermöglicht, dass Technologien, Verfahren und Produkte in andere Märkte einfliessen und so einen Mehrwert für unsere Wirtschaft erbringen.
Berner Weltraumforschung: Seit der ersten Mondlandung an der Weltspitze
Als am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes. Dieses Solarwind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung. Die Berner Weltraumforschung ist seit damals an der Weltspitze mit dabei. In Zahlen ergibt dies eine stattliche Bilanz: 25mal flogen Instrumente mit Raketen in die obere Atmosphäre und Ionosphäre (1967-1993), 9mal auf Ballonflügen in die Stratosphäre (1991-2008), über 30 Instrumente flogen auf Raumsonden mit, und mit CHEOPS teilt die Universität Bern die Verantwortung mit der ESA für eine ganze Mission. Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalsfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet.
Exoplanetenforschung in Genf: 24 Jahre Expertise mit Nobelpreis ausgezeichnet
CHEOPS wird wichtige Informationen über Grösse, Form und Entwicklung bekannter Exoplaneten liefern. Die Einrichtung des «Science Operation Center» der CHEOPS-Mission in Genf unter der Leitung von zwei Professoren der Astronomieabteilung der UniGE ist eine logische Fortsetzung der Forschungsgeschichte auf dem Gebiet der Exoplaneten – denn hier wurde 1995 der erste Exoplanet von Michel Mayor und Didier Queloz, den Nobelpreisträgern für Physik von 2019, entdeckt. Mit dieser Entdeckung positionierte sich die Astronomieabteilung der Universität Genf an der Weltspitze auf diesem Gebiet, was unter anderem 2003 zum Bau und der Installation von HARPS führte. Der Spektrograph auf dem 3,6m-Teleskop der ESO in La Silla war zwei Jahrzehnte lang der weltweit effizienteste, wenn es um die Bestimmung der Masse von Exoplaneten ging. In diesem Jahr wurde HARPS jedoch von ESPRESSO übertroffen, einem weiteren Spektrographen, der in Genf gebaut und auf dem VLT in Paranal installiert wurde. CHEOPS ist somit das Ergebnis von zwei nationalen Expertisen: einerseits dem Weltraum-Know-how der Universität Bern in Zusammenarbeit mit ihren Genfer Kolleginnen und Kollegen, und andererseits die Bodenerfahrung der Universität Genf in Zusammenarbeit mit ihrem Pendant in der Hauptstadt. Zwei wissenschaftliche und technische Kompetenzen, die auch den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS ermöglichten.
Zur Autorin
Barbara Vonarburg ist Wissenschaftsjournalistin und arbeitet als Kommunikationsverantwortliche beim Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS, der an der Universität Bern angesiedelt ist.