«Es gibt noch so viel zu entdecken und erforschen»
Salome Gruchola studiert Experimentalphysik an der Universität Bern und schreibt ihre Masterarbeit im Bereich Weltraumforschung. Dazu arbeitet sie mit hochsensitiven Messinstrumenten und wartet dieser Tage gespannt auf Signale der Weltraumsonde BepiColombo, die auf ihrem Weg zum Merkur am 15. Oktober 2020 an der Venus vorbeifliegt.
Sie sind Masterstudentin in Astrophysik und schreiben in der Gruppe von Peter Wurz Ihre Masterarbeit. Warum haben Sie sich entschieden, an der Universität Bern zu studieren?Für mein Physikstudium habe ich mich für die Uni Bern entschieden, da ich wusste, dass einer ihrer Schwerpunkte in der Weltraumforschung liegt und ich mich schon von klein auf dafür interessiere. Auch schätze ich an der Uni Bern, dass sie nicht zu gross ist, aber trotzdem in vielen Gebieten international an der Spitze steht. So ist man sehr nah dran an der Forschung und erhält Einblick in viele spannende Forschungsgebiete.
Sie haben Einschätzungen vorgenommen, was an Signalen zu erwarten ist, während die Weltraumsonden BepiColombo und Solar Orbiter an der Venus vorbeifliegen. Wie kam es dazu?Ich habe mich vor zwei Jahren während meiner Bachelorarbeit mit Berechnungen der Venusatmosphäre beschäftigt und dachte, das Projekt wäre abgeschlossen. Aber nun ist die Venus vor wenigen Wochen wieder stärker in den Fokus der Wissenschaft geraten: Einerseits wurde in den Wolkenschichten der Venus die Phosphorverbindung PH3 gemessen und andererseits stehen mit BepiColombo und Solar Orbiter wichtige Vorbeiflüge von Weltraumsonden an der Venus an.
Was ist an der Messung von Phosphorverbindungen bei der Venus denn so spannend?Die Messung von PH3 ist deshalb so eine Sensation, weil wir das Vorkommen nur damit erklären können, dass es auf der Venus uns noch unbekannte geologische oder chemische Vorgänge gibt oder aber, dass in den Wolkenschichten anaerobe Mikroben leben, die PH3 produzieren. Denn auch auf der Erde wird die Produktion von PH3 hauptsächlich Bakterien zugeschrieben. Dies heizt die Suche nach Leben ausserhalb unserer Erde weiter an. Leider werden aber weder BepiColombo noch Solar Orbiter in der Lage sein, bei der Venus PH3 zu messen. Das liegt einfach daran, dass sie den Planeten nur zum Schwungholen oder Abbremsen benutzen und in viel zu grosser Höhe an ihm vorbeifliegen werden. Aber auch weit oben, wo die Atmosphäre sehr dünn ist, lassen sich Messungen machen. Zum Beispiel kann man sogenannte Pickup-Ionen messen. Das sind Atmosphärenteilchen, die vom Sonnenwind ionisiert und mitgetragen werden. Die Venus besitzt also eine Art Schweif aus ionisierten Teilchen, und wenn die Sonden durch diesen Schweif fliegen, können sie diese Pickup-Ionen messen. Dies liefert dann wichtige Informationen über die Zusammensetzung der Atmosphäre, die Ionisierungsprozesse und die Verlustprozesse.
Welches war Ihre ursprüngliche Motivation, Physik zu studieren? Und welche Fragen auf Ihrem Forschungsgebiet interessieren Sie besonders?Physik habe ich gewählt, da ich mehr über den Aufbau und die Struktur unseres Universums erfahren wollte. Es gibt noch so viel zu entdecken und erforschen, alleine schon in unserem Sonnensystem, und das bildet nur einen winzigen Teil des Weltalls. Auch über die Zeit, als unser Universum noch sehr jung war, gibt es viele spannende Fragen, die bessere Teleskope in der Zukunft hoffentlich beantworten können. Vieles ist noch offen, etwa woraus der Grossteil unseres Universums besteht und ob es irgendwo sonst noch Leben gibt, in welcher Form auch immer. Ich hoffe, dass wir auf diese Fragen bald eine Antwort finden.
Welches war bislang der aufregendste Moment in Ihrem Studium?Im Studium gab es bisher viele aufregende Momente, zum Beispiel war es aufregend, als 2016 erstmals Graviationswellen gemessen wurden. Oder als wir in einem Laborkurs eine sogenannte «cloud chamber» gebastelt haben und so kosmische Strahlung sichtbar gemacht haben. Auch jeder Raketenstart, bei dem ein Instrument der Uni Bern mitfliegt, ist aufregend, zuletzt der Start des Weltraumteleskops CHEOPS.
Wo sehen Sie sich in fünf Jahren? Immer noch an der Uni Bern in der Weltraumforschung?Ich würde nächstes Jahr gerne anfangen zu doktorieren, am liebsten in der Weltraumforschung und an der Uni Bern. Falls alles klappt, sollte ich dann in fünf Jahren damit fertig sein und kann dann weiterschauen, wohin es mich zieht.
Zur Person
Salome Gruchola studiert seit 2015 Physik an der Universität Bern. Nach dem erfolgreichen Abschluss ihres Bachelorstudiums hat sie 2018 mit dem Master in Experimentalphysik begonnen. Nun schreibt sie ihre Masterarbeit im Bereich der Weltraumforschung und arbeitet mit hochsensitiven Messinstrumenten. Salome Gruchola interessiert sich für physikalische Prozesse im Weltall und wie diese genutzt werden können, um mehr über die Entstehung und Zusammensetzung unseres Universums zu erfahren.
Kontakt:
Salome Noemi Gruchola
Physikalisches Institut, Weltraumforschung und Planetologie (WP)
Sidlerstrasse 5, 3012 Bern
Email: salome.gruchola@space.unibe.ch
Zur Medienmitteilung
Vorbeiflug an der Venus auf dem Weg zum MerkurDie Raumsonde BepiColombo, die sich auf dem Weg zum Merkur befindet, absolviert am 15. Oktober 2020 einen Vorbeiflug an der Venus – eines der Abbremsmanöver, damit die Sonde in die Umlaufbahn vor Merkur gebracht werden kann. Mit an Bord der Raumsonde sind Instrumente, die am Physikalischen Institut der Universität Bern konzipiert und gebaut wurden. Mit weiteren Instrumenten, an denen die Berner Forschenden beteiligt sind, werden nun auf dem Weg zum Merkur auch Daten zur Venus gewonnen.
Zur Autorin
Brigit Bucher arbeitet als Leiterin Media Relations und ist Themenverantwortliche «Space» in der Abteilung Kommunikation & Marketing an der Universität Bern.