«Tierwohl verbessern»

Isabelle Desbaillets ist Leiterin der Abteilung Tierschutz im Vizerektorat Forschung der Universität Bern. Ihr gefällt, dass sie konkret etwas für das Wohlergehen von Versuchstieren bewirken kann.

Dr. Isabelle Desbaillets spricht über ihre Arbeit als Leiterin der Abteilung Tierschutz im Vizerektorat Forschung der Universität Bern. © Universität Bern, Bild: Manu Friedrich
Isabelle Desbaillets spricht über ihre Arbeit als Leiterin der Abteilung Tierschutz im Vizerektorat Forschung der Universität Bern. © Universität Bern, Bild: Manu Friedrich

«Als Tierschutzbeauftragte ist jeder meiner Arbeitstage anders, geprägt durch den Austausch mit Forschenden, Kolleginnen und den Tierärztinnen, die sich um Gesundheit und Wohlergehen der Versuchstiere in den Tierhaltungen kümmern. Wir arbeiten unabhängig von den Forschungsinstituten, administrativ bin ich dem Vizerektor Forschung unterstellt. Eine meiner wichtigsten Aufgaben ist das Überprüfen von Bewilligungsgesuchen für Tierversuche, die anschliessend von der kantonalen Tierversuchskommission entschieden werden. Für die Begutachtung eines neuen Antrags brauche ich etwa drei Stunden. Bei komplexeren Fragestellungen sind es auch einmal sechs Stunden, etwa wenn für ein besseres Verständnis Ergänzungen nötig sind oder wenn ich für bestimmte Fragen eine Spezialistin beiziehen muss.

Am meisten Zeit benötigen Diskussionen über die Güterabwägung, in der die Antragstellenden zeigen, warum der zu erwartende Nutzen für die Gesellschaft höher zu gewichten sei als die Belastung der Tiere. Hier übernehme ich jeweils die Rolle des Advocatus Diaboli, hinterfrage die Anträge aus Sicht der Tierschützerin und prüfe die Strategie und Argumente sehr kritisch. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, die wissenschaftliche Fragestellung zu überprüfen; sondern wie die konkrete Umsetzung des Versuchs geplant ist und welche Kontrollmechanismen zum Einsatz kommen. Viel zu diskutieren geben dabei die Bewertungskriterien für den Gesundheitszustand der Versuchstiere und daraus folgend die Kriterien, wann ein Versuch aus Tierschutzgründen abgebrochen werden muss. Bei spezifischen Fragen zu Schmerzlinderung oder Narkose ziehen wir dabei eine Tierärztin bei. Dieser Austausch mit den Forschenden ist sehr bereichernd für mich – und ich denke, den Antragstellenden geht es ebenso.

Das 3R-Prinzip zur Vermeidung (Replacement), Verminderung (Reduction) und Verbesserung (Refinement) von Tierversuchen muss dabei in allen Anträgen Anwendung finden. Beim Refinement geht es nicht nur um Vorgänge während des Versuchs selbst, sondern auch um die sorgfältige Vorbereitung. Versuchsleitende müssen zum Beispiel einplanen, dass die Tiere etwa sieben Tage vor Versuchsbeginn in der Tierhaltung eintreffen, damit sie sich an Käfige, Abläufe und vor allem auch den Umgang mit Menschen gewöhnen können. Dafür besuchen die Forschenden die Tiere täglich.

Zudem mache ich Vorschläge für alternative Ansätze, zum Beispiel wie man das traditionelle Hochheben von Mäusen an der Schwanzwurzel durch schonendere Methoden ersetzen kann, bei denen Mäuse mithilfe eines Tunnels aus dem Käfig gehoben werden. Es gibt auch tiergerechtere Techniken für die Blutentnahme oder Injektionen, die Bereitstellung von Futter und Wasser, das Sammeln von Urin und Kot, und man kann Mäusen Medikamente so verabreichen, dass sie diese freiwillig nehmen. Ich mache die Antragstellenden auf diese Alternativen aufmerksam. Um diese neueren Methoden zur Verbesserung des Tierwohls zu vermitteln, planen wir 2022 Weiterbildungen. Zudem organisieren wir Biostatistik-Kurse, in denen Forschende lernen, Tierversuche richtig zu planen und auszuwerten.

Eine weitere Aufgabe sind Besuche der Tieranlagen, die ich gemeinsam mit einer Tierärztin durchführe. Wir begutachten Haltungen, Abläufe, Handling und Eingriffe und vergleichen diese mit den Gesuchen und Protokollen. Wir weisen die Forschenden auf Mängel hin und machen Verbesserungsvorschläge. Notfalls hätten wir auch die Kompetenz, einen Versuch abzubrechen. Schliesslich sind wir an der Universität einer Culture of Care verpflichtet, welche die Kommunikation, die Wertschätzung von Mensch und Tier und die Haltung und Professionalität der Fachkräfte weiter verbessern möchte.

Ich freue mich jeden Tag auf meine Arbeit – vor allem auf den Austausch mit den Forschenden, die ihre Begeisterung über ihre Projekte mit mir teilen. Was mir an meiner Arbeit am besten gefällt, ist, dass ich das Wohl von Tieren verbessern kann und dass ich in meinem Beruf täglich neue Menschen, Ideen und Technologien kennenlernen darf.»

TIERVERSUCHE AN DER UNIVERSITÄT BERN

In einem Infoportal informiert die Universität Bern über Forschung mit Tieren, Tierschutz, Alternativmethoden sowie Zahlen und Fakten zu Tierversuchen.

UNIPRESS ZUM THEMA TIERVERSUCHE

Wie läuft ein Tierversuch ab? Wie verhindert man, dass ein Tier im Versuch leidet? Warum bringen Hundefans ihre Tiere für Versuche an die Uni? Die aktuelle Ausgabe des Wissenschaftsmagazins UniPress stellt Fragen und gibt Antworten zum Thema Tierversuche.

Zur Autorin

Chantal Britt ist Kommunikationsfachfrau mit mehr als 15 Jahren Erfahrung im Wissenschaftsjournalismus und Kommunikationsberatung.

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