Künstliches Abdunkeln der Sonne nur bedingt wirksam

Durch Geoengineering liesse sich der Kollaps des westantarktischen Eischildes –eines wichtigen Klimakipppunktes – nicht ohne Weiteres verhindern. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Bern.

11. August 2023

Extrem hochfliegende Flugzeuge müssten Millionen von Tonnen Aerosolen in der Stratosphäre ausbringen um die Sonne zu verdunkeln. Bild: iStock

Die Studie untersucht die mögliche Entwicklung des Eisschilds unter verschiedenen zukünftigen Treibhausgas-Szenarien und kommt zu differenzierten Ergebnissen: Gehen die Emissionen ungebrochen weiter und erfolgt das Abdunkeln der Sonne – in der Fachsprache genannt Solar Radiation Management (SRM) – Mitte dieses Jahrhunderts, liesse sich der Kollaps des Westantarktischen Eischildes etwas hinauszögern, aber nicht verhindern. In einem mittleren Emissionsszenario könnte sich bis Mitte Jahrhundert eingesetztes SRM als «effektives Werkzeug» erweisen, um das Kollabieren des Eisschilds zu verlangsamen oder sogar zu verhindern.

Temperaturänderungen und Eismasseverlust in der Antarktis mit und ohne Geoengineering: Abbildung A zeigt Veränderungen der Antarktischen Oberflächentemperatur im Szenario RCP8.5 (dies entspricht einem einem kompletten Versagen der Klimapolitik) sowie dem Geoengineering-Szenario SRM85-80 (Beginn der SRM-Massnahmen im Jahre 2080). Abbildungen B und C zeigen die korrespondierende Veränderung der Eismächtigkeit (Höhe des Eises, rot bedeutet Eisverlust, blau Eiswachstum) und den Rückzug des Eises (Gründungslinie) in den Szenarien RCP8.5 und SRM85-80. Die grauen Gebiete zeigen Flächen in welchem das Eis komplett verloren gegangen ist. Bild: Johannes Sutter

Zwei bis drei Jahrhundertsvulkane – pro Jahr

Doch wie muss man sich ein Abdunkeln der Sonne praktisch vorstellen? Gemäss Sutter müsste eine ganze Flotte von Flugzeugen Millionen von Tonnen Schwefeldioxid-Aerosolen – Schwebeteilchen in einem Gas – in der Stratosphäre ausbringen – und zwar jährlich. Das entspricht der zwei bis dreifachen Menge, die beim Ausbruch des Vulkan Pinatubo im Jahre 1991 freigesetzt wurde – dem zweitgrössten Vulkanausbruch des 20. Jahrhunderts, in dessen Folge die globale Durchschnittstemperatur während rund eines Jahres um etwa 0.5 Grad Celsius sank.

Der Ausbruch des Mount Pinatubo vom 12. Juni 1991. Bild: U.S. Geological Survey

Trotz der möglichen Vorteile bilanziert Thomas Stocker, Professor für Klima- und Umweltphysik an der Universität Bern und Mitautor der Studie: «Geoengineering wäre ein weiteres globales Experiment und ein potenziell gefährlicher Eingriff der Menschen in das Klimasystem, was gemäss Artikel 2 der UNO-Klimarahmenkonvention auf jeden Fall verhindert werden sollte.» 

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