«Ohne Natur können wir nicht überleben»

Die Klimaerwärmung bedroht den Lebensraum zahlreicher Arten. Chantal Hari untersucht an der Wyss Academy for Nature an der Universität Bern, wo Elefanten und andere Tiere in Zukunft noch vorkommen werden.

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Frau Hari, was versuchen Sie herauszufinden?

Chantal Hari: Im Rahmen meiner Doktorarbeit untersuche ich, wie sich der Klimawandel und Landnutzungsveränderungen – also wenn beispielsweise ein Stück Wald durch ein Getreidefeld ersetzt wird – in Zukunft auf die Biodiversität auswirken. Gemeinsam mit Partnern berücksichtige ich dabei weltweit eine grosse Anzahl Säugetiere, Vögel und Amphibien. Zum Beispiel berechnen wir mithilfe von Klima- und Landnutzungsmodellen, wo afrikanische Elefanten in Zukunft noch vorkommen werden, wenn sich die Erde um 1,5 Grad oder um 2,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erwärmt.

Wieso ist das aus wissenschaftlicher Sicht wichtig?

Neben dem Klimawandel ist der Verlust der Biodiversität eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit. Es ist deshalb wichtig zu verstehen, wie der Klimawandel den Artenverlust zusätzlich beeinflusst. Und ausserdem ist es wichtig, dass wir dies auf einer globalen Ebene betrachten, um das Problem ganzheitlich zu verstehen und um Anpassungs- und Minderungsstrategien zu entwickeln. Indem wir auch den Einfluss von Landnutzungsveränderungen betrachten, trägt dies zu einem ganzheitlichen Verständnis bei.

Was für einen Nutzen für die Gesellschaft könnte daraus resultieren?

Da gibt es zunächst eine ganz einfache Tatsache: Ohne Natur kann unsere Gesellschaft nicht überleben. Biodiversität spielt eine zentrale Rolle für zahlreiche sogenannte Ökosystemdienstleistungen, von denen wir Menschen direkt abhängig sind. Dies sind zum Beispiel landwirtschaftliche Produktivität, Ernährungssicherheit, die Aufrechterhaltung der Wasserqualität, aber auch Erholungsmöglichkeiten und touristische Angebote. Und: Biodiversität ist ein entscheidender Faktor für die Stabilität und Leistungsfähigkeit von Ökosystemen. Prognosen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität unter verschiedenen Zukunftsszenarien sind für politische Entscheidungsträger die Grundlage für gesellschaftlich wichtige Entscheidungen.

Was fasziniert Sie persönlich an diesem Forschungsprojekt?

Mich interessiert es sehr, an grossen, aktuellen, relevanten Herausforderungen zu arbeiten. Wenn man die Auswirkungen unterschiedlicher Einflussfaktoren auf einer globalen Ebene untersucht, erkennt man die komplexen Zusammenhänge und kann diese besser verstehen.

Da ich an einer Schnittstelle von verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen arbeite, kann ich ein breites Spektrum an Perspektiven und Methoden integrieren. Zudem ist das Arbeiten mit grossen Mengen an Daten technisch sehr interessant, wenn auch herausfordernd.

Was ist die grösste Herausforderung, die es zu überwinden gilt?

Die grösste Herausforderung liegt in der Bewältigung der enormen Datenmengen, mit denen wir arbeiten. Mit unserem Ansatz integrieren wir verschiedene Modelloutputs, Klimaszenarien und eine Vielzahl an Spezies. Um diese Daten effizient zu handhaben, rechnen wir ausschliesslich auf sogenannten High Performance Computing Clustern, also Supercomputern. Darüber hinaus ist mein Projekt sehr interdisziplinär. Dies ist zwar faszinierend, bringt aber auch besondere Herausforderungen mit sich. Man muss ich ein breitgefächertes Wissen aneignen und geschickt zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen navigieren.

Wie ist das Forschungsprojekt finanziert?

Mein PhD-Projekt wird vollumfänglich durch die Wyss Academy for Nature an der Universität Bern finanziert. Die Wyss Academy stützt sich hauptsächlich auf Mittel der Wyss Foundation, der Universität Bern und des Kantons Bern.

Dieser Artikel erscheint auch im Anzeiger Region Bern.

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