Mit welchen Nahrungsmitteln kommen wir am besten zu Energie?

Energiereiche Lebensmittel sollten auch reich an zusätzlichen Nährstoffen sein. Die Ernährungswissenschaftlerin Valentina Huwiler verteufelt weder Gipfeli noch Butter, rät aber zum Masshalten – und zu einem Glas mit Nüssen und Samen.

Lebensmittel liefern die nötige Energie für den Alltag, doch Energielieferant ist nicht gleich Energielieferant: Während einige Lebensmittel reich an wertvollen Nährstoffen sind, enthalten andere vor allem leere Kalorien. Ernährungswissenschaftlerin Valentina Huwiler erklärt, welche Lebensmittel als Energielieferanten besonders empfehlenswert sind und wie man sie optimal in die Ernährung integriert. 

Brot: Der klassische Energiekick

Lange galt Brot nicht nur als Lebensmittel Nummer eins, sondern war auch Synonym für Nahrung und Lohnarbeit («Broterwerb»). «So wichtig wie früher ist Brot heute nicht mehr», konstatiert Valentina Huwiler. «Aber zumindest in meinem Umfeld wird zum Abendessen oder Brunch nach wie vor viel Brot vertilgt – es gilt in unserem Land immer noch als einer der wichtigsten Energielieferanten.» Dennoch werde Brot von vielen als Dickmacher und als ungesund wahrgenommen. «Das finde ich schade, denn gerade Vollkornbrote sind bedeutende Lieferanten von Nahrungsfasern. Und der Bedarf an diesen ist in der Bevölkerung alles andere als gedeckt.» Vollkornbrot biete in der Regel auch die nötigen Mikronährstoffe (wie Vitamine und Spurenelemente) und Makronährstoffe (wie Proteine, Fette und Kohlenhydrate).

Ob ein Brot eher Energielieferant oder Energieregulator ist, hänge von dessen Herstellungsart ab, erklärt Huwiler. «Gemäss einer Theorie isst ein Mensch so lange, bis der Proteinbedarf gedeckt ist.» Einen sättigenden Effekt hätten zudem die zuvor erwähnten Nahrungsfasern. «Was dazu führt, dass man vom Vollkornbrot in der Regel weniger isst als vom Weissbrot.» Den gelegentlichen Genuss von Zopf oder Gipfeli verteufelt sie keineswegs, doch sie rät zur Zurückhaltung: «Zwei Stück Zopf pro Woche darf man sich gönnen», so Huwiler. «Doch es ist von Vorteil, wenn man dazu nicht ausschliesslich Honig oder Konfitüre isst, sondern auch einmal Hummus, Randen, Frischkäse oder etwas Kresse.» Gerade vor sportlichen Wettkämpfen sei Weissbrot ausserdem ideal als schnell verfügbare Energiequelle.

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«Wer Weissbrot isst, kann jedoch – anders als bei Vollkornbrot – unter Umständen an Gewicht zulegen», fasst Huwiler den Forschungsstand zusammen. Woran lässt sich denn erkennen, ob ein Brot auch ein guter Energieregulator ist – wodurch entscheidende Prozesse wie Glukoseaufnahme, Fettverbrennung und Zellwachstum gesteuert werden? «Die Faustregel lautet: Je länger ein Brot gärt und je dunkler es ist, desto besser. Die Nahrungsmittelindustrie weiss dies ebenfalls. Was dazu führt, dass gewissen Weissbroten Malz zugefügt wird, wodurch diese an dunkler Farbe gewinnen – ohne wirklich gesund zu sein.» Grundsätzlich benötige es für ein gutes Brot lediglich Hefe, Wasser, Mehl und allenfalls ein wenig Salz.

Huwilers Tipp:

«Beim Kauf eines Brotes empfiehlt es sich, auf die Nährstoffzusammensetzung zu achten. Sind viele Nahrungsfasern sowie Körner, Kerne und Samen aufgelistet, ist das ein gutes Indiz.»

Fruchtsäfte: Weniger Nutzen als gedacht

Orangensaft gilt als König unter den Fruchtsäften. In der Schweiz sollen pro Jahr und Kopf rund sechs Liter getrunken werden. Er erfrischt, ist handlich verpackt, und die Mikronährstoffe sind grösstenteils noch vorhanden. «Manche dürften Fruchtsäfte primär konsumieren, um ihr Gewissen zu beruhigen», so Valentina Huwiler: «Denn es verleiht ihnen das Gefühl, eine Frucht zu sich genommen zu haben.» Dies treffe jedoch nur bedingt zu: «In Fruchtsäften sind insbesondere die Nahrungsfasern, die einen sättigenden Effekt haben, stark reduziert.»

Zudem enthalte ein halber Liter Orangensaft rund 50 Gramm Zucker, andere Säfte (Apfel, Birnen, Trauben) sogar noch etwas mehr. Was Huwiler zum Schluss kommen lässt: «Je höher die Nährstoffdichte – etwa durch weniger Zucker und mehr Nahrungsfasern, desto gesünder der Fruchtsaft.» Und wie schneiden Smoothies, die Mixgetränke aus Obst, im Vergleich zu Fruchtsäften ab? «Keine Frage, da sind die Smoothies im Vorteil. Denn bei diesen werden die ganzen Früchte püriert, dementsprechend bleiben auch die Nahrungsfasern, komplexe Kohlenhydrate, erhalten – was wiederum sättigend wirkt. Anders als Fruchtsäfte enthalten Smoothies somit Nährstoffe, die für unsere Darmbakterien wichtig sind.» Auch wenn es besser sei, eine ganze Frucht zu essen, spreche nichts dagegen, ab und zu einen Fruchtsaft zu trinken: «Ein Fruchtsaft ist immer noch besser als gar keine Frucht.»

Huwilers Tipp:

«Wenn Saft, dann vorzugsweise einen mit hundertprozentigem Fruchtanteil, der noch Fruchtfleisch, aber möglichst keinen zusätzlichen Zucker enthält.»

Nüsse, Samen, Kerne: Kraftvolle Snacks

Laut Valentina Huwiler bieten Nüsse, Kerne und Samen nicht nur sehr viel Energie, sondern besitzen auch ein ausgezeichnetes Nährstoffprofil. Dazu zählen etwa Haselnüsse, Walnüsse, Leinsamen und Chiasamen. «So gut wie alles, was ‹Nuss› oder ‹Samen› im Namen trägt», resümiert Huwiler. Dennoch scheinen diese Nahrungsmittel von der Bevölkerung tendenziell unterschätzt zu werden. «Was äusserst schade ist, zumal gerade Nüsse der perfekte Snack für unterwegs sind.» Und je mehr verschiedene Nüsse man konsumiere, desto besser. Denn jede Nusssorte weise ein leicht anderes Profil auf. «Während die eine etwas mehr Proteine besitzt, enthält eine andere mehr Nahrungsfasern oder Magnesium.»

«Ich denke auch, dass Nüsse, Kerne und Samen sehr im Kommen sind», so Huwiler. Aufgrund ihres hohen Anteils an Proteinen und Nahrungsfasern wirken sie sättigend. «Was verhindert, dass man noch zu einem Schoggistängeli greift.» Von der hohen Kalorienzahl von Nüssen und Samen sollte man sich nicht abschrecken lassen, zumal sie keine leere Energie offerieren, sondern auch noch wichtige Makro- und Mikronährstoffe mitliefern. «Sie tragen dazu bei, einen guten Teil des täglichen Nährstoffbedarfs abzudecken.» Grundsätzlich könne man gut, gerne und unbedenklich zu fast allen Nüssen greifen. Als Faustregel gilt jedoch ungefähr eine Handvoll Nüsse pro Tag als angemessen. «Einzig bei der Paranuss sollte man aufgrund ihres hohen Selengehalts ein wenig zurückhaltender sein.»

Huwilers Tipp:

«Jede und jeder sollte für unterwegs ein Glas mit einer guten Mischung aus Nüssen und Samen dabeihaben.»

Hülsenfrüchte: Unverzichtbar für Vegetarier

«Hülsenfrüchte besitzen ein ausgezeichnetes Nährstoffprofil, da sie nicht nur jede Menge Proteine, sondern auch viele zusätzliche Nährstoffe beinhalten», lobt Valentina Huwiler deren Vorzüge. Und was macht Erbsen, Bohnen, Linsen oder Kichererbsen zu guten Energieregulatoren? «Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen sehr tiefen Fettanteil haben», streicht die Wissenschaftlerin heraus. «Sprich: Für jede Kalorie, die man mit diesen Lebensmitteln zu sich nimmt, erhält man nebst den erwähnten Proteinen auch etliche Nahrungsfasern und Mikronährstoffe. Diese haben einen sättigenden Effekt und reduzieren daher die Energieeinnahme.»

Einzig Sojabohnen und Erdnüsse unterscheiden sich von anderen Hülsenfrüchten, führt Huwiler aus: «Sie haben einen hohen Fettanteil, weshalb man sie nur in Massen konsumieren sollte.» Hülsenfrüchte hätten viele gesundheitliche Vorteile: «Man schreibt ihnen unter anderem zu, kardiovaskuläre Erkrankungen reduzieren zu können. Und beim Verzehr von Hülsenfrüchten nimmt man insgesamt weniger Energie zu sich, was sich in der Regel positiv auf das Körpergewicht auswirkt. Entsprechend ist die Gefahr, sich mit Hülsenfrüchten zu überessen, nur gering.» Einzig Menschen, die zu wenig Nahrungsfasern zu sich nehmen und daher eher weniger Darmbakterien haben, die helfen, Hülsenfrüchte abzubauen, sollten darauf achten, nicht zu schnell und zu viele Nahrungsfasern zu konsumieren. «Sonst drohen Blähungen.»

Huwilers Tipp:

«Hülsenfrüchte allein decken nicht das komplette Aminosäurenspektrum ab. Deshalb ist es wichtig, sie mit Getreide zu kombinieren.»

Öle: Einfluss auf gesunde Ernährung

Wer beim Grossverteiler vor dem Regal mit den Ölen steht, hat die Qual der Wahl. Erst recht, weil es zu bedenken gilt, dass Öle energiereich und zentral für die Aufnahme von Vitaminen wie A, D, E sowie K sind und darüber hinaus noch dazu beitragen, das Essen schmackhaft zu machen.

«Grundsätzlich sind pflanzliche Öle gesünder als tierische Fette», so Valentina Huwiler. Dies sei insbesondere auf die Fettzusammensetzung zurückzuführen. «Ziel sollte es sein, ein Öl mit möglichst vielen ungesättigten Fettsäuren zu verwenden – zum Beispiel Oliven-, Raps- oder Leinsamenöl.» Hierbei spiele nicht zuletzt das Profil der ungesättigten Fettsäuren eine gewichtige Rolle. «Leinsamenöl weist etwa ein hervorragendes Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren auf. Wichtig ist Omega 3, das auch in Walnüssen oder Hülsenfrüchten vorkommt, insbesondere für den menschlichen Stoffwechsel. Wichtig für Herz und Kreislauf sind auch Omega-6-Fettsäuren, die in Sonnenblumenöl, Rindfleisch oder Avocados enthalten sind. Bezüglich tierischer Fette, die – abgesehen von Fisch – meist viel gesättigte Fettsäuren enthalten, ist es gemäss Huwiler wichtig, diese nicht zu verteufeln, denn: «Wir benötigen auch sie.»

Huwilers Tipp:

«Es empfiehlt sich, Öle zu konsumieren, die bei Raumtemperatur flüssig sind – also lieber Raps- oder Olivenöl statt Palm- oder Kokosöl.»

Zur Person

Bild: Insel Gruppe AG

Valentina Huwiler ist an der Universität Bern und am Diabetes Center Bern als Postdoctoral Scientist tätig. Im Rahmen ihrer am Institut für Infektionskrankheiten (ifik) angegliederten Stelle in der Forschungsgruppe von Maria Luisa Balmer widmet sie sich vor allem der klinischen Ernährungsmedizin und neuen Ernährungsansätzen.

Magazin uniFOKUS

«Menschen brauchen Energie»

Dieser Artikel erschien erstmals in uniFOKUS, dem Printmagazin der Universität Bern. uniFOKUS beleuchtet viermal pro Jahr einen thematischen Schwerpunkt aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Aktuelles Fokusthema: «Menschen brauchen Energie»

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