Getreideanbau in trockenen Regionen
Stabilere Erträge dank Mikroben, Algen und Gentechnik
Lorena Ramirez Gonzales arbeitet daran, Mais und Teff dürretoleranter zu machen. Im Interview erklärt sie, wie ihre Arbeit dazu beiträgt, die Landwirtschaft in Trockengebieten zu stabilisieren und die Versorgungssicherheit zu verbessern.
Was versuchen Sie herauszufinden, Frau Ramirez Gonzales?Lorena Ramirez Gonzales:Unser Projekt «BOOSTER» hat zum Ziel, die Trockenheitstoleranz von Mais und Teff zu verbessern. Teff ist ein nährstoffreiches, glutenfreies Getreide und das Grundnahrungsmittel am Horn von Afrika. Daraus wird beispielsweise ein traditionelles äthiopisches Fladenbrot hergestellt.
Wie gehen Sie dabei vor?Dazu identifizieren wir einerseits genetische Marker, also spezifische Abschnitte im Erbgut der Pflanze, die mit einer erhöhten Dürretoleranz in Verbindung stehen und dann gezielt für die Züchtung neuer Sorten verwendet werden können. Ausserdem wollen wir das Potenzial für die Übertragung nützlicher Merkmale erforschen, die eine artspezifische Trockentoleranz ermöglichen. Das heisst, wir untersuchen zum Beispiel die Trockentoleranz von Teff und wollen herausfinden, ob diese Eigenschaften auf Mais übertragen werden können, um ihn widerstandsfähiger gegen Trockenheit zu machen. Andererseits ermitteln wir Biostimulanzien, wie Mikroorganismen und Algenextrakte, die das Pflanzenwachstum fördern und zur Verbesserung der Trockenheitstoleranz von Mais und Teff eingesetzt werden können.
Wieso ist das für die Gesellschaft wichtig?Mit unserer Forschung gehen wir ein globales landwirtschaftliches Problem an: die Dürre. Unsere Erkenntnisse könnten den Weg für die Entwicklung dürretoleranter Teff- und Maissorten ebnen und damit zur Versorgungssicherheit beitragen. Das ist insbesondere angesichts der zunehmenden Auswirkungen von Dürren auf die globale Landwirtschaft für die Gesellschaft von grosser Bedeutung. Bis 2030 könnten sich die dürrebedingten Ertragseinbussen bei Mais in der EU auf 2,4 Milliarden Euro pro Jahr belaufen.
Und da trauen Sie sich zu, einen Unterschied zu machen?Obwohl wir uns noch in einem frühen Stadium befinden, gehen wir davon aus, dass die Ergebnisse erhebliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben werden, insbesondere in Regionen, die stark vom Klimawandel betroffen sind. Wir erwarten zum Beispiel, dass Biostimulanzien, die aus dürregefährdeten Böden isoliert werden – also aus Böden, in denen Mikroorganismen bereits Strategien entwickelt haben, um mit Wassermangel umzugehen –, die Widerstandsfähigkeit von Pflanzen erhöhen, ohne den Ertrag zu beeinträchtigen. Davon könnte die Landwirtschaft profitieren, die mit Trockenheit zu kämpfen hat. Unsere Arbeit könnte also dazu beitragen, die Nahrungsmittelversorgung zu sichern und eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern.
Was fasziniert Sie persönlich an diesem Forschungsprojekt?Mich persönlich fasziniert der Einsatz biotechnologischer Instrumente, um den Mechanismus der natürlichen Biostimulanzien zur Verbesserung der Dürretoleranz von Getreide und Teff zu verstehen. Darüber hinaus macht die Zusammenarbeit mit Partnerinstitutionen aus Europa, Afrika und den USA das Projekt noch spannender, da jede Institution ihr einzigartiges Fachwissen in das Projekt einbringt.
Was ist die grösste Herausforderung, die es zu überwinden gilt?Biostimulanzien sind im Allgemeinen gut angesehen, weil sie nicht zur Umweltverschmutzung beitragen. Die grossflächige Anwendung bleibt jedoch eine Herausforderung, da die Aufrechterhaltung der Erträge eine sorgfältige Dosierung erfordert und die Anwendung je nach Wachstumsstadium und Pflanzenart variieren kann. Darüber hinaus gibt es eine anhaltende Diskussion, wie sich diese Lösungen in die bestehende landwirtschaftliche Praxis integrieren lassen.
Wie ist das Forschungsprojekt finanziert?Dieses Projekt wird durch das Rahmenprogramm «Horizon Europe» der Europäischen Union für Forschung und Innovation, der Europäischen Kommission und dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) finanziert.
Zur Person
Lorena Ramirez Gonzales
ist Postdoc in der Gruppe «Crop Breeding and Genomics» des Instituts für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern unter der Leitung von Prof. Dr. Zerihun Tadele. Im BOOSTER Project ist sie Teil des Teams, das sich mit genetischen und biostimulierenden Aspekten befasst und für die Versuchsplanung und Datenanalyse verantwortlich ist.
Kontakt: lorena.ramirez@unibe.ch
Das Institut für Pflanzenwissenschaften
Das Institut für Pflanzenwissenschaften an der Universität Bern widmet sich dem Verständnis der Funktionsweise, des Wachstums und der Entwicklung von Pflanzen. Die Grundlagenforschung am Institut umfasst viele Bereiche, von der Physiologie zur Ökologie, von Molekülen über Zellen bis hin zu ganzen Pflanzen und Vegetationen.
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