Hitzeextreme schädigen Ökosysteme langfristig

Ökosysteme schützen sich mit unterschiedlichen Strategien vor den negativen Auswirkungen von Hitzeextremen. Eine Studie der Universität Bern zeigt: Die ökologischen Folgen zeigen sich erst nach dem Ende eines Hitzeextrems in ihrer ganzen Breite.

Text: Patrizia Jaeggi 12. August 2024

Die Abteilung Terrestrial Ecology (unter der Leitung von Madhav P. Thakur) untersucht Wolfsspinnen und Springschwänze, um ihre kurz- und langfristigen ökologischen Reaktionen auf Hitzeextreme zu verstehen. Die Abbildung zeigt die Körpertemperatur der Wolfsspinne. Bild: © Chiara Zimmermann/Jan Philip Tscheulin

Der Klimawandel führt dazu, dass Hitzeextreme häufiger auftreten und stärker werden. Das stellt die Natur vor Herausforderungen, auf die sie mit unterschiedlichen Strategien reagiert. Beispielsweise suchen die meisten Tiere kühlere Rückzugsorte auf oder reduzieren ihre Aktivität, um nicht zu überhitzen. Viele dieser Strategien sind wissenschaftlich gut untersucht. Bisher blieb jedoch weitgehend unerforscht, ob und welche sogenannten «ökologischen Schulden» für Organismen nach dem Abklingen solcher Hitzeextreme entstehen.

Die ökologischen Schulden von Hitzeextremen

Hier setzt die Übersichtsarbeit von Gerard Martínez-De León und Madhav P. Thakur vom Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern an. Die beiden Forscher haben über 100 Studien analysiert, die die Reaktionen von Ökosystemen auf Hitzeextreme untersucht haben und kommen zum Schluss, dass sie mit sogenannten «ökologischen Schulden» verbunden sind, die sich erst nach dem Ende eines Hitzeextrems bemerkbar machen. «Ökologische Schulden sind beispielsweise Verkleinerungen der Populationen von Organismen, weil sich diese infolge eines Hitzeextrems weniger stark fortpflanzen oder Veränderungen in der Zusammensetzung von Arten, indem einheimische Pflanzen durch gebietsfremde invasive Pflanzen verdrängt werden, die sich nach einem Hitzeextrem schneller erholen und verbreiten. Charakteristischerweise können wir solche Schulden oft erst feststellen, nachdem sich die Organismen bei normalen Temperaturen erholen konnten», erklärt Co-Autor Thakur. «Durch die Vernachlässigung der zeitlichen Komponente, unterschätzen wir in vielen aktuellen Studien die Auswirkungen von Hitzeextremen», sagt Co-Autor Thakur, Leiter der Forschungsgruppe Terrestrial Ecology am Institut für Ökologie und Evolution.

Diese Abbildungen aus dem Hasli Outdoor Mesocosm Experiment (HOME) der Universität Bern zeigen, dass sich invasive Pflanzen, also gebietsfremde Pflanzen, die sich schnell ausbreiten, nach Hitzeextremen besser als einheimische Pflanzen erholen. Die invasiven Pflanzen (grüne Pflanzen in der Abbildung rechts) weisen also geringere ökologische Schulden als einheimische Pflanzen auf. Bild: © Nicolò Tartini

Erholungsmöglichkeiten für Ökosysteme schaffen

«Angesichts des fortschreitenden Klimawandels ist es entscheidend, die langfristigen Auswirkungen von Hitzeextremen auf natürliche und landwirtschaftliche Ökosysteme zu verstehen. Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Ökosysteme zeigen sich beispielsweise, indem invasive Schädlingsarten Hitzeextreme als Zeitfenster nutzen, um sich schneller zu erholen und zu verbreiten als die einheimischen Arten», betont Co-Autor Martínez-De León. Da sich die ökologischen Folgen von Hitzeextremen im Laufe der Zeit weiter kumulieren können, müssten Ökosysteme widerstandsfähiger gegen den Klimawandel gemacht werden, so der Forscher. Dafür müssten den Arten die notwendigen Bedingungen für ihre Erholung bereitgestellt werden. «Dazu gehört beispielsweise die Verbesserung der Verfügbarkeit kühlerer und gut vernetzter Lebensräume, wo sich Arten ausbreiten können, so dass einheimische Arten überleben und sich nach Hitzeextremen schnell wieder ansiedeln können», erklärt Martínez-De León.

Zur Person

Gerard Martínez-De León

ist Doktorand am Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern und Teil der Forschungsgruppe Terrestrial Ecology.

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Zur Person

Madhav P. Thakur

ist Professor für Ökologie und Leiter der Abteilung Terrestrial Ecology am Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern. Seine Abteilung erforscht die Auswirkungen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt.

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