Wissenschaftliches Denken lehren
Patricia Purtschert: Wie politisch hätten Sie es gern?
Wie gelingt es Professorinnen und Professoren, den Diskurs in ihren Lehrveranstaltungen unvoreingenommen und ergebnisoffen zu halten? Und welche Erfahrungen machen sie ausserhalb der Hörsäle mit Versuchen politischer Vereinnahmung? Eine Geschlechterforscherin bezieht Stellung.
Gemeinsam kritisch mit Wissen umgehen
«Um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung in der Lehre zu ermöglichen, muss ich mich zur Tatsache verhalten, oftmals Themen zu unterrichten, die vermeintliche Gewissheiten hinterfragen. Wenn ich mit Studierenden in einem Seminarraum zusammenkomme, bringen wir unterschiedliche Wissensbestände und Erfahrungen mit. Manche haben im Zusammenhang mit den Themen, die wir besprechen, Diskriminierung erfahren. Andere haben sich noch nie damit beschäftigt. Dennoch sind alle in einer Form betroffen, alle werden in unserer Gesellschaft etwa einem Geschlecht zugeteilt und müssen sich dazu verhalten.
Dazu kommt, dass Geschlecht oft als natürlich wahrgenommen wird. Meinungen und Gefühle, die damit verbunden sind, scheinen unverrückbar. Die wissenschaftliche Beschäftigung etwa mit der Entstehung der modernen Geschlechterordnung ermöglicht es uns, zu erkennen, dass Vorstellungen von Geschlecht in spezifischen historischen, politischen und sozialen Konstellationen und Machtverhältnissen entstanden sind.
Zudem beschäftigen wir uns mit alternativen Perspektiven, die neben dem vorherrschenden Blick immer auch existiert haben, indigenem Wissen, subkulturellen Praktiken oder sozialen Bewegungen wie denjenigen für das Frauenstimmrecht oder gegen koloniale Herrschaft. Durch den reflektierten und kritischen Umgang mit Wissen, den wir in der Lehre gemeinsam einüben, eignen sich Studierende über die Themen der Gender Studies hinaus eine grundlegende Fähigkeit wissenschaftlichen Denkens an.»
Universität im Spannungsfeld
«Freiheit und Verantwortung bedingen sich»
Die Studierendenzahlen steigen, die finanziellen Mittel werden knapper. Wie die Universität Bern dieser Herausforderung begegnet, die Freiheit der Wissenschaft verteidigt und sich in gesellschaftlich relevante Debatten einbringt, darüber spricht Rektorin Virginia Richter.
Zur Person
Patricia Purtschert
ist Professorin für Geschlechterforschung und Co-Leiterin des Interdisziplinären Zentrums für Geschlechterforschung IZFG.
Magazin uniFOKUS
«Startrampe Studium»
Dieser Artikel erschien erstmals in uniFOKUS, dem Printmagazin der Universität Bern. uniFOKUS beleuchtet viermal pro Jahr einen thematischen Schwerpunkt aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Aktuelles Fokusthema: «Studieren»
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