Wissen Sie es? Wie viele Parteien sitzen im Bundesrat?

Politisches Wissen ist in der Bevölkerung verschieden verteilt. Etwa zwischen den Geschlechtern oder den politischen Lagern. Und bei Ihnen?

Markus Freitag 26. August 2024

Sagt Ihnen der Name Brady Dougan eigentlich noch etwas? Der ehemalige Chef der Credit Suisse wurde in seiner aktiven Zeit am Paradeplatz einmal gefragt, wie viele Bundesräte es denn gebe. Auf den Hinweis, es handle sich dabei um eine magische Zahl, antwortete er in einem Interview mit dem «Magazin»: «Acht.» Damit lag er knapp daneben.

Fragen wie nach der Anzahl der Regierungsmitglieder sind weit mehr als amüsante Ratespielchen. Sie zielen vielmehr auf objektives politisches Faktenwissen, das eindeutig als richtig oder falsch bewertet werden kann. Wer über dieses Rüstzeug verfügt, tut sich leichter mit dem anspruchsvolleren Verständniswissen, bei dem es um die Einordnung und Beurteilung politischer Phänomene geht. Untersuchungen haben hier beispielsweise gezeigt, dass sich Mädchen mit Letzterem leichter tun, während Jungen bei den Fakten im Vorteil sind.

60 Prozent kennen Anzahl der im Bundesrat vertretenen Parteien

Politisches Wissen gilt als Eckpfeiler für die Qualität und Zukunftsfähigkeit von Demokratien, da mithilfe dieser Sachkenntnis politische Interessen und Wünsche wirkungsvoll über entsprechende Kanäle in den politischen Prozess eingespeist werden können. Zudem ist ohne entsprechende Fähigkeiten eine adäquate Beurteilung und Kontrolle der politischen Institutionen sowie der Akteurinnen und Akteure und ihrer Politik kaum möglich. Ausserdem hilft politische Expertise, die Flut an neuen Informationen im anstrengenden Umfeld der sozialen Medien kritisch zu bewerten und gezielt gestreute Falschinformationen als Fake News zu entlarven. Kurzum: Ohne ausreichendes politisches Wissen und Verständnis für politische Zusammenhänge verkommt der wehrhafte Demokrat zum Ritter ohne Schwert.

Schätzungen des politischen Wissens in westlichen Gesellschaften liessen den amerikanischen Politikwissenschaftler Philip Converse vor Jahren resigniert zum Schluss kommen, dass der Mittelwert in dieser Hinsicht tief und die Varianz hoch sei. Doch wie sehen die Zahlen für die Schweiz aus? Auswertungen der hiesigen Wahlstudie des Jahres 2023 zeigen, dass über 60 Prozent der Bevölkerung die richtige Anzahl der aktuell im Bundesrat vertretenen Parteien kennen. Noch mehr können Auskunft über die Partei mit den meisten Sitzen im Nationalrat geben, und drei Viertel haben parat, wer den Bundesrat wählt. Wie viele Volksinitiativen in der Schweiz seit 1893 angenommen wurden, wissen hingegen nur knapp über 10 Prozent. Hand aufs Herz: Gehören Sie dazu?

Die Wahrscheinlichkeit, richtigzuliegen, ist hierzulande bei Männern höher als bei Frauen. Dazu steigt mit wachsendem Alter, Bildung und Einkommen die Chance auf korrekte Antworten. Ein steter Kirchgang und der rote Pass sind dem politischen Wissen ebenfalls förderlich. Das Gleiche gilt für Menschen, die sich dem linken Politspektrum nähern oder in der Deutschschweiz leben.

Schweizerinnen und Schweizer mit politischem Sachverstand sind zudem zufriedener mit der heimischen Demokratie, vertrauen den Institutionen und suchen fleissiger die Wahl- und Abstimmungsurnen auf. Politisches Know-how wirkt zusätzlich auch als Schutzschild gegen populistische Giftpfeile: Menschen mit fundierter Politexpertise stellen sich nahtlos hinter die politische Führung des Landes. Lärmiges Eliten-Bashing prallt ungehört an ihnen ab.

Es soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass nur rund 8 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer alle vier zutreffenden Antworten auf die Fragen der erwähnten Wahlstudie kennen. Gerade einmal 40 Prozent liegen bei drei von vier richtigen. Das schreit nach mehr politischer Bildung. Eine Abkehr von der dort praktizierten Pflästerlipolitik würde der Demokratie sicher zugutekommen. Und vielleicht würde sogar noch die Finanzwelt davon profitieren.

Zweitveröffentlichung

Tamedia-Kolumnen auf uniAKTUELL

Die Tamedia-Kolumnen von Markus Freitag sowie von Adrian Vatter und Rahel Freiburghaus erscheinen auch im uniAKTUELL.

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Das IPW ist eines der führenden politikwissenschaftlichen Institute der Schweiz und gehört gemäss CHE Excellence Einstufung zur Spitzengruppe in Europa. Es beheimatet ausgezeichnete Grundlagenforschung und praxisrelevante Auftragsforschung. Deren Kernbotschaften sind Bestandteile der angebotenen Studiengänge Bachelor «Sozialwissenschaften» sowie Master «Politikwissenschaft» und Master «Schweizer Politik und Vergleichende Politik». Schwerpunkte in der Lehre und Forschung sind schweizerische Politik, vergleichende Politikwissenschaft, europäische Politik, Policy Analyse, Klima-, Energie- und Umweltpolitik sowie die Einstellungs- und Verhaltensforschung im Rahmen der politischen Soziologie. Zudem offeriert das IPW Dienstleistungen für die Öffentlichkeit wie etwa das Année Politique Suisse.


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