Lachen Sie mit Kamala: Und wie oft freuen Sie sich?

Hierzulande gibt die Hälfte der Bevölkerung an, das Gefühl der Freude fast ständig zu verspüren. Über die Kraft positiver Emotionen.

Markus Freitag 06. September 2024

Kein Zweifel: Kamala Harris hat den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf vom Mehltau befreit. Sie hat die dortige Demokratie, ja die ganze Welt aus dem Dämmerzustand gerissen und der eigenen Anhängerschaft neues Leben eingehaucht. Statt das eigene Lager mit Sorgenfalten zu bedecken, wärmt sie es mit Freudenfeuer. Wut und Angst kontert sie mit Hoffnung und Enthusiasmus. Und republikanische Giftpfeile lässt sie an ihrem demokratischen Stolz abprallen.

Fast scheint es, als überziehe das Lachen von Harris das halbe Land mit einem Glücksteppich. Wie Harris das schafft? Ganz einfach: Sie setzt auf die Wucht positiver Emotionen. Und Sie? Lassen auch Sie sich von Kamala mitreissen? Kennen auch Sie die Kraft positiver Gefühle?

Wenn Sie im Alltag Hoffnung, Stolz, Begeisterung oder Freude erleben, dann laufen negative Stimmungen bei Ihnen erst einmal ins Leere. Wo Hoffnung beispielsweise optimistisch in die Zukunft blickt und die Sehnsucht nach besseren Zeiten in sich trägt, brüstet sich Stolz mit den Meriten vergangener Tage. Und während Enthusiasmus als eine fieberhafte Schwärmerei für eine bestimmte Sache verstanden wird, entspringt Freude eher einem momentanen allgemeinen Wohlbefinden.

Positive Emotionen machen aktiver, gesünder und klüger

All diese «Feel-good»-Gefühle stellen sich immer dann ein, wenn unser Tun belohnt wird oder selbst gesteckte Ziele in greifbare Nähe rücken. Positive Glücksmomente bestärken uns zudem in unserem Streben und bereiten den Boden für weitere Anstrengungen. 

Unzählige Studien weisen deshalb immer wieder auf die bisweilen unterschätzte Wirkung positiver Emotionen hin und zeigen, dass uns solche Empfindungen aktiver, gesünder und klüger machen. Sie erweitern unser Blickfeld und lassen uns kreativer an Probleme herangehen, denn in positiver Stimmung findet sich immer ein Ausweg, öffnet sich immer eine Tür.

Dermassen beschwingt lässt sich nebenbei auch noch sozialer Kitt anrühren: Gut gelaunt konzentrieren wir uns nämlich weniger auf das, was uns von anderen trennt, als vielmehr auf das, was uns miteinander verbindet.

Im Tessin wird weniger gelacht als in der übrigen Schweiz

Von allen positiven Emotionen ist Freude das Gefühl, das die Menschen am häufigsten empfinden. Sie entsteht, wenn man erkennt, dass die Umstände perfekt zusammenpassen und einfach Sinn ergeben. Die Dinge sind genauso, wie sie in diesem Moment sein sollten. Hochgezogene Mundwinkel und aufgeworfene Krähenfüsse lassen dies für jedermann sichtbar werden und garantieren uns mit dieser Mimik unweigerlich den Unterschied zu falscher oder vorgetäuschter Heiterkeit. 

Eigene Auswertungen des Schweizer Haushalt-Panels zeigen, dass hierzulande etwa die Hälfte der Bevölkerung angibt, das Gefühl der Freude fast ständig zu verspüren. Im Tessin wird allerdings weniger gelacht als in der übrigen Schweiz. Ausserdem haben sich in den letzten Jahren die Lachfalten in allen Altersgruppen und bei beiden Geschlechtern zunehmend geglättet, wobei Frauen heutzutage eher Freude empfinden als Männer. Und wer von Natur aus nett, pflichtbewusst, kontaktfreudig und offen ist, dessen Mundwinkel hängen seltener nach unten. Ausserdem gilt: Je stärker sich die Menschen im linken Polit-Spektrum verorten, desto seltener geben sie an, Freude zu empfinden. 

Wenn in der Schweiz Freude herrscht, profitieren natürlich auch Politik und Gesellschaft davon. Menschen mit einem Lächeln im Gesicht sind eher bereit, sich für die Gemeinschaft zu engagieren, haben Vertrauen in ihre Mitmenschen, stehen hinter der Regierung und sind zufrieden mit der Demokratie. Lassen wir uns also ruhig von Kamala anstecken. Dieses Virus wird uns nicht flachlegen, im Gegenteil.

Zweitveröffentlichung

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Die Tamedia-Kolumnen von Markus Freitag sowie von Adrian Vatter und Rahel Freiburghaus erscheinen auch im uniAKTUELL.

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Das IPW ist eines der führenden politikwissenschaftlichen Institute der Schweiz und gehört gemäss CHE Excellence Einstufung zur Spitzengruppe in Europa. Es beheimatet ausgezeichnete Grundlagenforschung und praxisrelevante Auftragsforschung. Deren Kernbotschaften sind Bestandteile der angebotenen Studiengänge Bachelor «Sozialwissenschaften» sowie Master «Politikwissenschaft» und Master «Schweizer Politik und Vergleichende Politik». Schwerpunkte in der Lehre und Forschung sind schweizerische Politik, vergleichende Politikwissenschaft, europäische Politik, Policy Analyse, Klima-, Energie- und Umweltpolitik sowie die Einstellungs- und Verhaltensforschung im Rahmen der politischen Soziologie. Zudem offeriert das IPW Dienstleistungen für die Öffentlichkeit wie etwa das Année Politique Suisse.


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