Sicherheit an der Uni Bern
Von toten Elefanten und radioaktiven Abfällen
Patrick Käser leitet seit knapp einem Jahr die Fachstelle Sicherheit. Er weiss, wie man kontaminiertes Material entsorgt und was man mit unbekannten Chemikalien anfängt.
Patrick Käser, wann kommen Sie und Ihr Team ins Spiel?Wir haben beispielsweise Spezialistenwissen, wenn es in einem Labor merkwürdig riecht. Und wir sind da, damit in den Werkstätten der Universität nichts ins Auge geht oder auf den Fuss fällt – und wenn doch, dass man gute Schuhe trägt und anschliessend die Ursache abklärt, damit es nicht nochmals passiert.
Wo kann es an der Universität Bern brenzlig werden?An manchen Orten an der Universität stehen Chemikalien, bei denen ein Spritzer auf der Haut innert kürzester Zeit zum Tod führen kann. Zudem gibt es in der Forschung an der Universität Bern auch radioaktive Quellen und verschiedene biologische Gefährdungen.
Dann muss ich mir keine Gedanken machen, wenn ich im Büro statt im Labor arbeite?Dort würde ich mir in erster Linie Gedanken machen zu Themen wie Ergonomie und Bewegung. Immer wieder ein Thema sind leider auch Fälle von Aggressionen und Bedrohungen.
Sind wir denn sicher an der Universität Bern?Die Universität ist sicherheitsmässig gut aufgestellt. Mit kleineren Ereignissen können wir routiniert umgehen. Damit wir der Vielfalt der Universität gerecht werden, gibt es auch in jeder Einheit Sicherheitsbeauftragte als erste Ansprechpersonen. Bei grösseren Ereignissen haben wir einen Krisenstab.
Als Sicherheits- und Krisenexperte müssen Sie ja unerschütterlich sein.Man muss gut priorisieren können, gerade weil so viel ungeplant ist. Essenziell ist zudem die Vernetzung intern und extern, denn im Notfall muss es schnell gehen. Es braucht auch solide Kenntnisse der gesetzlichen Grundlagen. Und nicht zuletzt muss man mit Leuten reden können, auch wenn man auf Widerstand stösst. Da muss man eine gewisse Leidenschaft mitbringen.
Sicherheitsmanagement klingt von aussen gesehen eher nach Formularstapeln und Verboten, nicht nach Leidenschaft.Ja, das Image ist teils noch eher schlecht. Aber ich finde, es ist ein sehr sinnstiftender Job. Meine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass es den Leuten gut geht – ist es da nicht einfach, eine Leidenschaft zu entwickeln?
«Meine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass es den Leuten gut geht.»
Einmal hatten wir einen Zooelefanten, der an Tuberkulose gestorben ist und bei uns in der Veterinärmedizin untersucht wurde. Weil er infektiös war, mussten Körper, Krangurte und anderes Hilfsmaterial als Sonderabfall entsorgt werden. Immer wieder findet man auch unbekannte Chemikalien, zum Beispiel im Labor von Forschenden, die die Universität bereits verlassen haben. An einem anderen Tag müssen wir dann wieder mitbeurteilen, ob ein Segelschiff für eine Forschungsreise nach Spitzbergen sicher genug ist und wie dies zu versichern ist.
Klingt, als wäre kein Tag wie der andere. Gibt es bei Ihnen überhaupt einen klassischen Arbeitsalltag?Klassisch ist bei uns das Ungeplante. Das macht die Arbeit aber spannend. Ich hoffe, dass ich auch in 10 Jahren noch ab und zu staunen werde.
Was sind bisher die grössten Herausforderungen für Sie?Eine schöne Herausforderung sind die verschiedenen Kulturen an der Universität ¬– sei das in den Instituten oder im Umgang mit unterschiedlichen Nationalitäten und Generationen. Ich kenne das schon ein wenig aus der Handwerksbranche, aus der ich ursprünglich komme. Was mir weniger bekannt war, ist der Zeitdruck in der Forschung. Ein Labor muss jeweils möglichst rasch eingerichtet sein, was sich dann zusammen mit dem Platzmangel oft mit unseren Sicherheitsstandards beisst. Zudem gibt es in der Wissenschaft oft Personalwechsel, etwa bei kürzeren Forschungsaufenthalten. Wir arbeiten noch daran, überall eine standardisierte Einführung zu etablieren.
Hier kommt wieder die Vernetzung ins Spiel, die Sie schon angesprochen haben.Ja, und zwar wesentlich. Leider bekommt unser Team längst nicht alles mit. Bei den rund 7'000 Mitarbeitenden der Universität kann schon mal ein Fehler passieren. Das sollte man eigentlich gleich zur Prävention nutzen. Gerade Beinahe-Unfälle sind eine grossartige Möglichkeit, etwas zu lernen und sich und die Organisation zu verbessern. Ich wünsche mir, dass die Mitarbeitenden Fehler melden, Fragen stellen und eine konstruktive Antwort erwarten dürfen.
Also mehr Prävention?Wir wollen eigentlich nur präventiv arbeiten. Wir sehen Sicherheit als Dienstleistung und denken langfristig. Dafür braucht es aber manchmal etwas Überzeugungsarbeit, weil der Nutzen nicht direkt fassbar ist.
«Ich wünsche mir, dass die Mitarbeitenden Fehler melden, Fragen stellen und eine konstruktive Antwort erwarten dürfen.»
Auch bei mir kommen Fehler vor. Ich bin jeweils froh, wenn ich darauf hingewiesen werde, auch wenn es natürlich nicht gerade Spass macht.
Haben Sie ein Beispiel?Gerade bei Stalking oder Bedrohungen ist es schwer einzuschätzen, wie sich ein Fall weiterentwickelt. Hier kommt es zu Fehleinschätzungen, welche dann jeweils laufend mit Betroffenen und vor allem den involvierten Behörden konstruktiv aufgearbeitet werden. Hier versuchen wir in erster Linie unsere Prozesse und die Kommunikation zu verbessern. Wir lernen bei jedem Fall viel dazu. Sehen Sie eigentlich überall nur noch Risiken?
Man muss schon aufpassen, dass das nicht passiert – ich merke das selbst manchmal zu Hause.
Was bedeutet für Sie Erfolg im Rahmen Ihrer Rolle?Für mich ist es ein Erfolg, wenn in den Einheiten das Thema Sicherheit wirklich gelebt wird und es den Führungspersonen wichtig ist, dass ihr Team gesund und sicher bleibt. Kürzlich konnten wir zudem einen formellen Erfolg feiern: die Gründung eines Safety Boards, das im April 2024 seinen Betrieb aufnehmen wird. Bei den angefragten Personen bin ich auf viel Interesse gestossen. Man hat sich Zeit genommen für Gespräche auf Augenhöhe. Das sagt viel über die Stellung der Sicherheit in der Kultur der Universität aus.
«Jede und jeder kann mit wenig Aufwand zu mehr Sicherheit beitragen.»
Allgemein kann jede und jeder mit wenig Aufwand zu mehr Sicherheit beitragen. Sicherheit ist nicht aufwändig und kostet auch nicht viel. Es sind oft kleine Dinge, die den entscheidenden Unterschied machen. Gerade Führungspersonen können mit wenig Aufwand viel beeinflussen, während wir dafür tagelang Präventionskampagnen machen müssten. Wenn eine Führungsperson zum Beispiel immer eine Schutzbrille trägt und Mitarbeitende auch darauf hinweist, wirkt das.
Zur Person
Patrick Käser ist ausgebildeter Automatiker mit Weiterbildungen zum Techniker Unternehmensprozesse, Natur- und Umweltfachmann sowie Spezialist Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Er ist seit 13 Jahren im Bereich Sicherheit tätig. Er ist zudem Prüfungsexperte für die Berufsprüfung Spezialist Arbeitssicherheit und Chef des Regionalen Führungsorganes Grauholz Nord. 2023 kam er als neuer Leiter der Fachstelle Sicherheit an die Universität Bern.
Über die Fachstelle Sicherheit
Die Fachstelle Sicherheit (ehemals Fachstelle Risikomanagement) berät und unterstützt alle Universitätsangehörigen, die Institute und Fakultäten sowie die Universitätsleitung in sämtlichen Themen, welche die Personen- und Umweltsicherheit betreffen.
Zum Kursprogramm der Fachstelle Sicherheit (Uni intern)
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