Über Tierversuche reden

Am Nationalen Informationstag über Versuchstiere haben Forschende der Universität Bern am vergangenen Wochenende in der Stadt Bern der Öffentlichkeit ihre Arbeit mit Tierversuchen vorgestellt.

Text: Nathalie Matter 21. Juni 2024

Mitten in der Stadt: Forschende der Universität Bern im Gespräch mit Passantinnen und Passanten. Foto: Manu Friederich

Zahlreiche Berner Forschungsprojekte tragen direkt zur Verbesserung der Gesundheit von Mensch und Tier bei und fördern auch das Tierwohl. Dabei sind Tierversuche nach wie vor unerlässlich, etwa in der Krebsforschung. Zu zeigen, dass die Universität Bern verantwortungsbewusst und mit Respekt für Tiere und Menschen Forschung betreibt, war Ziel des Nationalen Informationstags über Versuchstiere in Bern. Die Universität Bern beteiligte sich dieses Jahr zum ersten Mal an diesem Anlass. Unter dem Motto «Lasst uns über Forschung mit Tieren reden» stellten zehn Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen Fachbereichen ihre Arbeit mit Tieren vor und beantworteten die Fragen der Passantinnen und Passanten.

Nationaler Informationstag über Versuchstiere

Am Nationalen Informationstag über Versuchstiere, der 2022 eingeführt wurde, geht es darum, Passantinnen und Passanten aus erster Hand über Tierversuche zu informieren und Fragen zu beantworten. Organisiert wurde der Anlass von der Stiftung «Forschung für Leben» zusammen mit der Schweizerischen Gesellschaft für Tierversuchskunde SGV und der Schweizerische Vereinigung der Tierärztinnen und Tierärzte in Industrie und Forschung SAVIR. Infostände zum Anlass gab es auch in Basel, Fribourg und Zürich.

Eine Forscherin erklärt anhand eines Beispiels aus der Krebsforschung, warum Tierversuche nach wie vor unverzichtbar sind, um Nebenwirkungen eines möglichen neuen Wirkstoffs zu untersuchen. Foto: Nathalie Matter

Das Themenspektrum war breit gefächert und reichte von der Krebsforschung mit Mäusen bis hin zur Forschung an Wild- und Nutztieren. Mit diversen Postern, Videos und Anschauungsmaterialien präsentierten die Forschenden ihre Arbeit, die dem Wohl von Menschen und Tieren dient. Präsentiert wurden auch Zahlen zur Forschung mit Tieren an der Universität Bern sowie bedeutende medizinische Durchbrüche, die ohne Tierversuche nicht möglich gewesen wären.

Gezeigt wurden auch leere Fischbecken und Mäusekäfige (Bild). Foto: Manu Friederich

Die Präsentationen stiessen auf reges Interesse, unter anderem auch das «Voting Board», an dem mittels Klebern über das Durchführen von Versuchen mit Wildtieren wie Forellen oder Wildschweinen abgestimmt werden konnte (Rot für «Nein» und Grün für «Ja»). Die grünen Kleber dominierten am Ende deutlich.

Unter dem Mikroskop konnten Interessierte das Herz von Zebrafisch-Embryos betrachten, die in der Forschung eingesetzt werden, um die Regeneration des Herzens zu untersuchen. Foto: Manu Friederich

Ein wichtiger Teil des Informationsanlasses war auch das Engagement der Universität Bern für das 3R-Prinzip (Replace, Reduce, Refine), also dem Ersetzen, Reduzieren oder Verfeinern von Tierversuchen. Ein Beispiel dafür ist, dass Rindern für die Untersuchung auf mögliche Resistenzen gegen eingeschleppte Krankheiten Blut entnommen wird, statt Tiere mit dem Erreger zu infizieren – oder dass Schweine einfach und stressfrei mit Aerosolen behandelt oder geimpft werden können.

Vermittelt wurden diverse Perspektiven zur Forschung mit Tieren, von der Chirurgie bis zu Ausbildungskursen im Umgang mit Versuchstieren. Foto: Nathalie Matter

Thematisiert wurde zudem das Nationale Forschungsprogramm NRP79 «Advancing 3R», an dem sich die Universität Bern mit zahlreichen Projekten beteiligt – etwa mit der Entwicklung eines Modells, das es ermöglicht, Versuche mit Ratten bei gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen zur Giftigkeit eines Stoffes zu ersetzen. Tierversuche sollen auch durch die Entwicklung von sogenannten Organoiden ersetzt werden, Mini-Organen in der Petri-Schale. Diese können aus Stammzellen gewonnen, in der Petri-Schale gezüchtet und beispielsweise als Werkzeug in der Krebsforschung eingesetzt werden. Aber auch Organoide können in-vivo-Studien am Tier noch nicht vollständig ersetzen. 

Interessierte konnten unter anderem erfahren, was es alles braucht, bis ein Gesuch für einen Tierversuch von den Tierschutzbeauftragten und Behörden bewilligt wird. Foto: Manu Friederich

«Wir sind mit dem Anlass sehr zufrieden», sagte Isabelle Desbaillets, Tierschutzbeauftragte der Universität Bern und eine der Organisatorinnen. «Interessierte konnten sich mit Forschenden direkt austauschen und auch über kritische Themen sprechen. Zudem haben sie mehr über unsere Arbeit erfahren und auch darüber, welche Konsequenzen ein Verbot von Tierversuchen für die Gesellschaft hätte.» 

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