Klimaschutz mit emmentaler Biogas

Die Uni Bern arbeitet an der Verringerung ihrer Treibhausgasemissionen. Für schwer vermeidbare Emissionen wird ein Klimaschutzbeitrag geleistet. Zum Beispiel an die Biogasanlage auf dem Familienbetrieb Schürch in Kirchberg.

Beat Schürch führt die Gäste durch seinen Hof und erklärt ihnen, wie seine Biogasanlage funktioniert. Im Hintergrund (unscharf vor den Heuballen) das antennenähnliche Druckentlastungsventil über dem unterirdischen Fermenter, in dem der Gärprozess stattfindet.

Auf den ersten Blick deutet wenig auf eine Biogasanlage hin: keine grossen kugel- oder zylinderförmigen Speichertanks, keine Gasfackel. Stattdessen ein Stall, Heuballen und Kühe, die sich auf der Weide über den Frühling freuen. Doch hier in Kirchberg bei Burgdorf entsteht aus Kuhmist Energie – und das nutzt die Universität Bern für ihre Klimastrategie. Am 17. März war eine Delegation aus dem dafür zuständigen Vizerektorat Qualität und Nachhaltige Entwicklung zu Besuch bei Familie Schürch.

Klimaschutz durch Abfall

Organische Abfälle wie Gülle, Speisereste oder landwirtschaftliche Rückstände setzen bei natürlicher Zersetzung Methan frei – ein Treibhausgas, das rund 25-mal klimaschädlicher ist als CO₂. In einer Biogasanlage wird dieses Methan in einem geschlossenen System aufgefangen und zur Energiegewinnung genutzt, anstatt in die Atmosphäre zu entweichen. In Höhe der so vermiedenen Emissionen können Zertifikate verkauft werden. Genau dies tut die Familie Schürch auf ihrem Hof in Kirchberg. Mithilfe von Ökostrom Schweiz, dem landwirtschaftlichen Fachverband für Biogas in der Schweiz, verkaufen sie diese Zertifikate – an die Universität Bern.

Die Kühe des Familienbetriebs verbringen die ersten Frühlingstage auf der Weide.

Auf ihrem Biohof betreibt die Familie Schürch Milchwirtschaft mit 35 Kühen und einer kleinen Aufzucht. Die Biogasanlage kam 2016 dazu. Der Fermenter, in dem der Gärprozess stattfindet, liegt unter der Erde. Nur das Druckentlastungsventil weist oberirdisch darauf hin.

Die Anlage produziert aus dem Biogas mithilfe eines Blockheizkraftwerks erstens Wärme, die zum Heizen der Wohnhäuser auf dem Betrieb verwendet wird, und zweitens Strom, der jährlich für rund 13 Standardhaushalte ausreicht.

Ausserdem werden die Gärreste als Hofdünger genutzt. Dieser ist geruchslos und vermeidet einerseits zusätzliche Treibhausgasemissionen, die bei der synthetischen Düngerproduktion anfallen. Andererseits kann er gezielter ausgebracht werden als etwa Gülle – was Verschmutzung der Umwelt vermeidet.

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Einsatz aus Überzeugung

Für den Betrieb der Biogasanlage wendet Beat Schürch etwa eine Stunde pro Tag auf. Er vergleicht die Befüllung der Anlage, also die Fütterung der für den Vergärungsprozess erforderlichen Mikroorganismen, mit der Fütterung seiner Kühe. Beides gehöre zu seinem üblichen Arbeitsalltag.

«Von der Anlage profitieren nicht nur die Menschen, sondern auch die Umwelt.»

Beat Schürch

Die Vergärung ist ein langsamer Prozess, wobei neben der regelmässigen «Fütterung» auch eine konstante Temperatur wichtig ist. Im Sommer, wenn die Tiere auf der Alp sind, steht nur wenig Hofdünger für die Anlage zur Verfügung. Während dieser Zeit produziert die Anlage weniger Strom und Wärme. Ausserdem braucht Schürch dann einen anderen Verwendungszweck für die Wärme. Eine Möglichkeit ist, damit Feuerholz zu trocknen.

Beat Schürch tritt aus dem Raum des kleinen Blockheizkraftwerks, in dem vor Ort mit einem Generator Strom erzeugt wird.

Durch die eingesparten Heizkosten und die Einspeisevergütung für den erzeugten Strom schaue zwar auch etwas fürs Portemonnaie heraus, doch sei der Betrag so klein, dass sich der Aufwand nur deswegen nicht lohnen würde. «Wir machen das aus Überzeugung. Es ist eine gute Sache, weil die Nährstoffe in der Gärmasse für den Dünger erhalten bleiben und wir gleichzeitig die schädlichen Methanemissionen vermeiden. Davon profitieren nicht nur die Menschen, sondern auch die Umwelt.»

Uni setzt auf Klimaschutzbeitrag in der Region

Benjamin Jungblut von Ökostrom Schweiz kennt die Herausforderungen von Biogasanlagen. Als Fachverband vertritt Ökostrom Schweiz rund 140 Betriebe.

Biogasanlagen sind für die Strom- und Wärmeproduktion verhältnismässig teuer. Besonders kleine Biogasanlagen, wie jene auf dem Biohof der Familie Schürch, sind deshalb auf finanzielle Unterstützung durch Klimaschutzprojekte angewiesen. Hinzu kommen die administrativen Herausforderungen bei der Planung solcher Projekte, unter anderem wegen der Vorgaben des Denkmalschutzes. Dies ist auch der Grund, weshalb diese Biogasanlage unterirdisch gebaut wurde.

«Wir können auch mit kleinen Anlagen etwas bewirken.»

Benjamin Jungblut

Doch auch für Benjamin Jungblut von Ökostrom Schweiz überwiegen dennoch die Vorteile: «Trotz der vergleichsweise geringen Grösse solcher Anlagen können wir etwas für den Klima- und Umweltschutz tun.» So könne bereits ein Betrieb von der Grösse desjenigen der Familie Schürch mit einer Biogasanlage jährlich etwa 70 Tonnen CO2 einsparen, was rund 35 Atlantikflügen entspricht.

Beat Schürch rührt in dem Hofdünger, der durch die Aufbereitung in der Biogasanlage geruchslos wird.

«Dieses Projekt überzeugte auch durch die Möglichkeit, einen positiven Klimaschutzbeitrag in der Region Bern zu leisten. »

Heike Mayer

Wie Heike Mayer, Vizerektorin Qualität und Nachhaltige Entwicklung, ausführt, werden im Rahmen der Klimastrategie der Universität Bern zahlreiche Massnahmen zur Reduktion der universitären Emissionen unternommen. Für die Forschung und Lehre einer international tätigen Universität seien Flugreisen jedoch nicht vollständig vermeidbar. Deshalb werden andere Wege des Klimaschutzengagements gesucht.  « Das Projekt Schweizer Biogasanlagen überzeugte nicht zuletzt durch die Möglichkeit, einen positiven Klimaschutzbeitrag in der Region Bern zu leisten», so Mayer.

Klimastrategie Universität Bern

Die Universität Bern erarbeitet derzeit in einem partizipativen Prozess eine Roadmap Klima 2030. Im Fokus stehen neben der Reduktion der universitären Treibhausgasemissionen alternative Möglichkeiten zum Klimaschutzengagement sowie positive Beiträge zum Umweltschutz.

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