Menschen an der Uni Bern
«Doch, auch Texte sind Daten»
Ursula Loosli unterstützt als sogenannte «Data Steward» Forschende der Universität Bern bei der Verwaltung und Veröffentlichung von Forschungsdaten. Im Interview gibt sie Einblicke in ihren Arbeitsalltag.
Was fasziniert Sie daran, Forschende beim Umgang mit ihren Daten zu betreuen und zu beraten?Ursula Loosli: Durch meine Arbeit als Data Steward erhalte ich Einblicke in aktuelle Entwicklungen in den Geisteswissenschaften, einem von mir betreuten Themenbereich. Besonders spannend finde ich den Einzug digitaler Methoden und damit auch die Veränderung von Bedürfnissen im Umgang mit Daten, auf die wir unsere Angebote von Seiten Bibliothek ausrichten.
Die Forschung in den Geisteswissenschaften basiert grösstenteils auf Texten. Das klingt nicht unbedingt nach Daten, die gemanagt werden müssen.Doch, auch Texte sind als Daten irgendwo abgespeichert und müssen sorgfältig gemanagt werden. Wenn diese Datenträger weg sind, sind auch die Texte verschwunden. Das ist halt auch ein Aspekt von Forschungsdatenmanagement: man stellt sich in der Regel darunter etwas ganz anderes vor. Denn in den Geisteswissenschaften gibt es viele technische Projekte, die beispielsweise alte Handschriften digital aufbereiten. Das heisst, die Forschenden fotografieren und transkribieren die alten Texte. Für solche Projekte ist es hilfreich, dass wir als Universitätsbibliothek Bern einen Bilderserver betreuen, auf denen diese Daten langfristig und über die Projektfinanzierung hinaus zugänglich bleiben. So unterstützen wir beispielsweise Projekte wie das historische «Herbarium des Botanischen Gardens der Universität Bern», ihre Sammlung online zugänglich zu machen.
SERIE IN UNIAKTUELL
Data Stewards
Seit einem Jahr unterstützen sieben Personen von der Universitätsbibliothek Bern Forschende beim Management ihrer Daten. Ihr Hauptziel ist es, die Qualität, Sicherheit und Reproduzierbarkeit der Forschungsdaten sicherzustellen. Drei von ihnen stellt uniAKTUELL in einer Serie vor:
Martin Wegmann, Data Steward Naturwissenschaften
Christine Krebs, Data Steward Humanwissenschaften
Ursula Loosli, Data Steward Geisteswissenschaften
Manchmal kommt es vor, dass Forschende mit dem Begriff Daten oder mit generellen Begriffen aus dem Forschungsdatenmanagement nicht viel anfangen können. Darum sind sie manchmal unsicher, ob sie überhaupt mit Daten arbeiten. In diesen Fällen treffen wir Data Stewards uns gerne direkt mit diesen Forschenden, um gemeinsam herauszufinden, welche Formen von Daten sie haben und wie sie diese am besten publizieren und zugänglich machen können. Hier hilft es mir, dass ich schon viele solche Projekte begleiten durfte.
Grundsätzlich können alle Angehörigen der Universität Bern die Dienstleistungen der Data Stewards in Anspruch nehmen. Wer bittet Sie tatsächlich um Unterstützung?Auf der einen Seite sind das Forschende, die stark digital arbeiten, insbesondere im Bereich Digital Humanities. Auf der anderen Seite gibt es Forschende, die bisher weniger digital arbeiten und beispielsweise beim Erstellen von ihrem ersten Datenmanagementplan Feedback benötigen. Unser Ziel ist es, Doktorierende früh in ihren Projekten abzuholen und ihnen so die Arbeit zu erleichtern. Es kommt aber vor, dass die Forschenden erst Hilfe suchen, wenn es tatsächlich um die Publikation der Daten geht. Das ist nicht ideal. Denn wenn die notwendigen Ressourcen für technische Realisierungen bereits früher bekannt sind, können sie bereits im Projektantrag eingeplant werden.
Haben Sie eine Erklärung dafür, warum junge Forschende Sie erst dann anfragen, wenn ihre Forschung bereits weit fortgeschritten ist?Der Umgang mit Daten hat im Studium nicht unbedingt die höchste Priorität. Das ist vollkommen verständlich. Darum versuchen wir mit bedürfnisorientierten Schulungs- und Veranstaltungsangeboten auch schon junge Forschende zu erreichen.
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