«Freier Zugang zu Forschungsdaten ist entscheidend»

Martin Wegmann unterstützt als sogenannter «Data Steward» Forschende der Universität Bern beim Umgang mit Daten. Dies sei vor allem auch ein Dienst an der Gesellschaft, betont er.

Martin Wegmann, Data Steward, Naturwissenschaft
Martin Wegmann betreut als Data Steward den Bereich Naturwissenschaften.
Martin Wegmann, was sind Data Stewards und weshalb sind sie wichtig?
Wir Data Stewards unterstützen Forschende beim Management ihrer Daten. Da die Forschung zunehmend Daten produziert, benötigen auch immer mehr Forschende Unterstützung, etwa bei der Datenveröffentlichung, bei ethischen Fragestellungen oder im Umgang mit Künstlicher Intelligenz. Im besten Fall verbessern wir dadurch den Forschungsoutput und stellen diesen der Gesellschaft vollumfänglich zur Verfügung.

Was hat Sie persönlich veranlasst, Data Steward zu werden?
Ich bin von der Ausbildung her Klimatologe, habe hier in Bern in Klimawissenschaften promoviert und habe dann als Forscher in der Schweiz, in Frankreich und in Deutschland gearbeitet. Im Laufe meiner Karriere habe ich einen Perspektivwechsel vollzogen: Anfangs betrachtete ich Forschung vor allem als das Lösen von Problemen. Doch mit der Zeit gewann die Idee einer transparenten und dienstleistungsorientierten Wissenschaft für mich immer mehr an Bedeutung. Weil die Steuerzahlenden Forschungsprojekte finanzieren, hat die Wissenschaft die Verantwortung, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Als Data Steward bleibe ich der Wissenschaft nahe und kann diese unterstützen. Gleichzeitig leiste ich mit meiner Arbeit aber auch einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Das bedeutet mir viel.

«Die Wissenschaft hat die Verantwortung, der Gesellschaft etwas zurückzugeben.»

Martin Wegmann

Welchen konkreten Nutzen hat denn das Forschungsdatenmanagement für die Gesellschaft?
Laut der UNO ist der freie Zugang zu wissenschaftlichen Daten entscheidend, um globale Probleme wie den Klimawandel, Hungersnöte oder Armut zu bewältigen. Leider fehlt es oft an ausreichenden Daten, was den Fortschritt bei der Lösung dieser Probleme bremst. Deshalb sehe ich das Forschungsdatenmanagement als wichtigen Schritt zur Lösung dieser Herausforderungen. Die Daten, die Forschende an der Universität Bern auf unserer Plattform publizieren, sind dann für mindestens zehn Jahre öffentlich zugänglich, sofern sie keine persönlichen Informationen enthalten – und können dann beispielsweise von Forschenden an anderen Hochschulen verwendet werden.

Was sind das für Daten?
Ein anschauliches Beispiel aus dem naturwissenschaftlichen Bereich sind sehr alte Temperaturmessreihen aus Bern, Zürich oder Genf. Solche Daten helfen uns, aktuelle Hitzewellen im historischen Kontext zu betrachten und extreme Wetterereignisse besser zu verstehen.

Data Stewards

Seit einem Jahr unterstützen sieben Personen von der Universitätsbibliothek Bern Forschende beim Management ihrer Daten. Ihr Hauptziel ist es, die Qualität, Sicherheit und Reproduzierbarkeit der Forschungsdaten sicherzustellen. 


Mit welchen Anliegen wenden sich Forschende an Sie?
In den Naturwissenschaften unterstützen wir Forschende beispielsweise beim Management von grossen Datenmengen. Klimamodelle generieren beispielsweise wahnsinnige Datenvolumen. Auch in der Astronomie oder der Genetik überschreitet die Datengrösse schnell ein Terabyte, also eine Million Megabyte. Als Data Stewards müssen wir regelmässig einen Kompromiss zwischen der veröffentlichten Datenmenge und der philosophischen Grundidee des offenen Datenzugangs finden.

Was meinen Sie damit?
Nehmen wir beispielsweise Bilder vom Nachthimmel aus einem Observatorium. Wenn ein Forscher über den Jupiter promoviert, ist für diese Studie nur der Bildausschnitt relevant, der den Jupiter zeigt. Aber vielleicht möchte jemand anders irgendwann über den Saturn forschen. Deswegen haben alle Bilder potenziell Wert für Forschung und Gesellschaft. Dementsprechend wollen wir möglichst alle Forschungsdaten veröffentlichen. Demgegenüber steht die begrenzte Datenmenge, die wir kostenlos sichern können – dabei das richtige Gleichgewicht zu finden, ist eine Herausforderung.

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